5 Fokus: Bauherrenwissen in der Hausväterliteratur

Torsten Meyer

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DOI

10.34663/9783945561041-07

Citation

Meyer, Torsten (2014). Fokus: Bauherrenwissen in der Hausväterliteratur. In: Wissensgeschichte der Architektur: Band III: Vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit. Berlin: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

5.1 Einleitung

Die Verbesserung des Buchdruckes durch Johannes Gutenberg hatte zur Folge, dass implizite Wissensbestände zunehmend expliziten Charakter erhielten; was vor allem auch für den technischen Themenbereich galt. Hierzu zählen neben Fach- und Sachbüchern im deutschsprachigen Raum auch die Traktate des Genres der sogenannten Hausväterliteratur. Ihre Autoren, häufig kompilatorisch tätig, bündelten das zeitgenössische, gelehrte Wissen aus unterschiedlichsten Bereichen. Neben v. a. agrarkulturellen Wissensbeständen wurden auch solche niedergelegt, die den Adressaten als Bauherren ansprachen; diese stehen im Vordergrund der nachfolgenden Darstellung.1

Die frühneuzeitliche Architektur-, Bau-, Bautechnikgeschichte, auch die Technik- und Wissenschaftsgeschichte, hat dieses Genre bestenfalls am Rande betrachtet, die Quellengattung der klassischen Sozialgeschichte und der neueren Agrargeschichte überlassen.2 Zielte der klassische Blick der genannten Disziplinen doch eher auf die Veränderung, auf das Neue, scheint dieses Desinteresse verständlich, spiegelt das Genre doch eher das Alltägliche, das Überlieferte. Doch wurzelt dieses Desiderat auch darin, dass die allgemeine Geschichtswissenschaft vorrangig auf die moralischen Lehrsätze des Genres fokussierte, mithin normative Aspekte thematisierte. Als wegweisend und nachhaltig prägend darf in dieser Hinsicht Otto Brunners 1956 erstmals publizierter Artikel Das ‚ganze Haus‘ und die alteuropäische ‚Ökonomik‘ angesehen werden.3 Da die von Brunner formulierten Thesen nach wie vor bedeutsam für die historiographische Einschätzung des Genres sind, skizzieren die einleitenden Ausführungen Konturen der Forschungsdebatte zu der auf der Hausväterliteratur fußenden Kategorie des ganzen Hauses. Die hieran unmittelbar anschließenden Ausführungen skizzieren die inhaltlichen Grundzüge des Genres sowie die Autoren und Adressaten der Traktate. Diese Erörterungen basieren auf zwei grundsätzlichen Überlegungen. Zum einen ermöglichen erst sie eine historiographische Neubewertung des Genres, insofern im Folgenden die prozeduralen, auch wissenschaftlichen, Wissensbestände zugunsten der moralisch-normativ verfassten in den Vordergrund rücken. Zum anderen erfuhr das Genre, wenn es um die Frage des frühneuzeitlichen Bauwissens geht, bislang in der Forschung nur wenig Beachtung,4 so dass seine ausführlichere Vorstellung angemessen scheint.

Vor diesem einführenden Hintergrund thematisiert der dritte Abschnitt die Grundstruktur der Repräsentation von gelehrten Bauwissensbeständen im Genre vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Der nachfolgende vierte Abschnitt untersucht dann exemplarisch die in den Traktaten niedergelegten Bauwissensbestände. Im Fokus steht hier das thematisch relevanteste Traktat, die von dem Architekten und Ingenieur Georg Andreas Böckler 1678 verfasste Nützliche Hauß= und Feld=Schule. Der Beitrag richtet sein Augenmerk somit nicht nur auf Wissensbestände frühneuzeitlicher Architekten und Ingenieure, sondern auch auf solche, die von den Autoren und Kompilatoren der Hausväterliteratur als essentiell für adlige Bauherren angesehen wurden.

5.2 Das Genre der deutschen Hausväterliteratur

5.2.1 Die Hausväterliteratur und das „Ganze Haus“ – Konturen einer Forschungsdebatte

Auf Basis seiner Interpretation der deutschen Hausväterliteratur formulierte Otto Brunner in seinem bereits genannten Artikel die prominente These vom „ganzen Haus“ im Sinne einer frühneuzeitlichen Basiskategorie, die noch heute Überblicksdarstellungen deutscher Historiker strukturiert.5 Brunner wies dem Genre eine herausragende Bedeutung für die dichotomische Unterscheidung von vormodernen und modernen Wirtschaftsmentalitäten zu. Ausschließlich gestützt auf die Analyse normativer Aspekte dieser Quellen vermeinte er, die in Deutschland von namenhaften Vertretern der historischen Schule der Nationalökonomie, wie Werner Sombart und Max Weber,6 bereits vorher vertretene Unterscheidung von vormoderner Bedarfsdeckungs- und moderner Erwerbswirtschaft nachhaltig untermauern zu können. Die Hausväterliteratur stünde, so Brunner, vorrangig in einer Traditionslinie mit den Schriften Aristoteles und Xenophons; sie sei daher ethische Richtschnur, die das Zusammenleben kulturell, ökonomisch, politisch und sozial ungleicher Individuen im sog. „ganzen Haus“, dem oikos, regelt.7 Jenes „ganze Haus“ der Frühen Neuzeit stand dann bei Brunner folgerichtig in der antiken Tradition. Auch er umfasste mit diesem Begriff räumliche, ökonomische, soziale und politische Elemente, die eine geschlossene, durch den pater familias personalisierte Einheit bilden. Konstitutiv für den oikos sei die Einheit der ökonomischen Elemente Konsum und Produktion. Das „ganze Haus“, korrekter: Brunners „ganzes Haus“, ist autark, die wirtschaftliche Operation des Handels gilt, sofern sie nicht dazu dient, Bedarfslücken des oikos zu füllen, ganz im Sinne der Aristotelischen Tradition als moralisch verwerfliche Chrematistik.

Gegen eine derartige Konzeptualisierung erhoben sich immer wieder kritische Einwände, die anfänglich namentlich Fernand Braudel formulierte. Er machte bereits zu einem frühen Zeitpunkt darauf aufmerksam, dass es sich bei Brunners Konzept um ein hoch ideologisiertes handle, seine ganze Methodologie daher fraglich sei.8 In der deutschen Geschichtswissenschaft hat sich jener Kritikpunkt erst seit den 1990er Jahren zunehmend Gehör verschafft – also nach dem Tode Brunners 1982 und seiner nicht mehr zu negierenden Verstrickungen in die NS-Diktatur.9 Quellengesättigte Untersuchungen zeigten zudem immer wieder, dass die Lücke zwischen Theorem und historischer ‚Wirklichkeit‘ immens ist.10 Da Brunner den Eindruck erweckt hatte, sein „ganzes Haus“ sei primär im gesamten Bauerntum der Frühen Neuzeit anzufinden,11 muss in diesem Zusammenhang zuvorderst auf die Befunde Rainer Becks (1993) und David W. Sabeans (1990) verwiesen werden. In ihren differenzierten, mikrohistorischen Studien legten sie vielfältige Austauschbeziehungen sowohl sozialer, ökonomischer und naturaler Art dar, die die ländliche Ökonomie der Frühen Neuzeit strukturierten, mithin jene vermeintliche Autarkie des frühneuzeitlichen oikos widerlegten.

Die hier nur kursorisch angeführten Kritikpunkte lassen jedwede Verwendung der Topoi „ganzes Haus“ und oikos für die Historiographie der Frühen Neuzeit obsolet erscheinen. Wenn bei der Präsentation des Genres dennoch auf diese Begrifflichkeiten rekurriert wird, dann aus dem Grunde, dass sie quellennah sind. Mochte David W. Sabean auch feststellen, dass in dem von ihm ausgewerteten Akten das Wort „Haus“ nur ein einziges Mal vorkam, so weisen die in den einschlägigen Enzyklopädien des 18. Jahrhunderts, in denen sich das gelehrte Wissen der Zeit spiegelt, verzeichneten Lemmata „Haus“, „Haus-Wirth“ (pater familias) und „Haus-Mutter“ auf Grundkonzepte des oikos hin.12 Und auch Sabeans zweiter, formulierter Kritikpunkt, dass „ […] he [Brunner, TM] thought of the house as a single subtantial entity […] he did not understand the representational character ‚Haus‘ for state und church officials bent to on the hegemonic control through the construction of moral hierarchies“,13 trifft hinsichtlich des Brunnerschen Konzeptes zu. Doch auch in diesem Kontext gilt zu beachten, dass jener hegemoniale Kontrollanspruch partiell ebenfalls im Genre aufzufinden ist. Um es knapp zusammenzufassen: Wenn im Folgenden vom „ganzen Haus“ bzw. vom oikos die Rede ist, so basiert dies auf den ausgewerteten Quellen. Die Verwendung dieser Begrifflichkeiten erfolgt, in deutlicher Differenz und Distanz zu Brunners Konzept, im Bewusstsein ihres normativen Charakters. Insofern spiegelt weder die Kategorie des „ganzen Haus“ noch die des oikos eine historische ‚Wirklichkeit‘, sondern ein zeitgenössisches, ideologisiertes Wollen dieser ‚Wirklichkeit‘.

Die Hausväterliteratur – Grundzüge des Genres

Die Hausväterliteratur entwickelte sich im deutschsprachigen Raum seit der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Textgattung lassen sich einige Dutzend Traktate zuordnen, ihren letzten Ausläufer finden sich noch nach der Mitte des 18. Jahrhunderts.14 Das Genre ging zurück auf mittelalterliche Agrarratgeber wie auch auf antike landwirtschaftliche Traktate v. a. des Cato (1980), Columella (1982), und Varro (1991) die eine partielle erste deutsche Kompilierung und Editierung bereits 1538 durch Michael Herr erfahren hatten. Die in diesen Schriften niedergelegten Wissensbestände suchten die Autoren der Hausväterliteratur unter dem Einfluss des Humanismus,15 der lutherischen Reformation und der Wiederbelebung antiker Wirtschaftslehren von Aristoteles und Xenophon neu zu beleben und zu systematisieren.16 Den Kernpunkt des Genres bildete dabei das wirtschaftliche Ziel der Autarkie des „ganzen Hauses“, die bedarfsdeckende Produktion.

Die Autoren ließen in ihren Traktaten vor „den Augen des Lesers die Anlage eines (adligen) Landgutes“ entstehen.17 Strukturell begannen die Verfasser damit, die sozialen Beziehungen zwischen dem Hausvater, der Hausmutter, den Kindern und dem Gesinde in normativ-moralischer Perspektive zu schildern. Hinweise zum Erwerb von Gütern, zum komplexen Prozess des Bauens von Wohn- und Funktionsgebäuden schlossen sich an. Anschließend folgte die Darlegung der ökonomischen Aktivitäten des „ganzen Hauses“.

Sprachen bereits die im späten 15. Jahrhundert veröffentlichten Agrarratgeber den Adel als Adressatenkreis an,18 so auch die Hausväterliteratur. Das Genre adressierte bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts an diese soziale Schicht, vornehmlich an den Landadel.19 Die Adressierung der Traktate scheint durch die gesellschaftlichen Entstehungszusammenhänge des Genres zur Mitte des 16. Jahrhunderts ebenso beeinflusst, wie durch den 30jährigen Krieg, in dessen Anschluss um 1700 das Genre seine konzeptionelle ‚Vollendung‘ fand. Durch die sog. Feudalkrise des ausgehenden 15. Jahrhunderts war v. a. auch der Landadel wirtschaftlich unter schweren Druck geraten;20 Einnahmen und Ausgaben standen nicht mehr in einem ausgeglichenen Verhältnis. Hinzu trat nach Meinung von gelehrten Zeitgenossen, dass sich der Adel im Verlauf des 16. Jahrhunderts einem demonstrativen Luxuskonsum verschrieben habe, der die ökonomische Schieflage zuspitzte, wie auch in gebildeten Kreisen das gesellschaftliche Ansehen des Adels sinken ließ.21 Im 16. Jahrhundert verschärfte nach Meinung der Autoren zudem die Konsolidierung des frühneuzeitlichen Fürstenstaates die ökonomische Situation des Landadels.22 Dieser Prozess hatte zum einen zur Folge, dass dem niederen Adel überlieferte Rechte verloren gingen. Zum anderen versuchten dessen Angehörige sich im entstehenden ‚Beamtentum‘ des Fürstenhofes zu etablieren. So kann nicht verwundern, dass die Autoren der Hausväterliteratur negative Auswirkungen dieser strukturellen Veränderungen ansprachen: Ein Großteil junger Adliger besäße nicht mehr das ökonomische Grundwissen zur Führung ihres Haushaltes, da „die mehesten von Adel in ihrer jugend/nit zur Haußhaltung/sondern entweder zum studieren oder zum krieg sachen gehalten“ würden.23

Um diese, nach Meinung der Autoren vorhandene Wissenslücke adliger Grund- und Gutsbesitzer zu schließen, legten sie in ihren Traktaten zwei von einander unterscheidbare Makro-Wissensbestände nieder, die sich zum einen auf primär soziale, zum anderen auf primär ökonomische Felder bezogen. Beide einte, dass sie implizit den Adressaten handlungsrelevante Leitsätze anboten. Beide trennte zugleich ihr Fundament, denn während soziale Makro-Wissensbestände ausschließlich moralisch-normativ geprägt waren, so trat diese Verankerung vor allem bei den ökonomischen zugunsten einer prozeduralen, auch wissenschaftlichen, Fundierung zurück – ohne allerdings, auf den ersten Blick, entwertet zu werden.

Die moralisch-normativ verfassten Makro-Wissensbestände standen am Beginn der Abhandlungen. Sie zielten zunächst darauf ab, dem Hausvater – aber auch der Hausmutter – einen Tugendkanon an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe das im oikos zu praktizierende Zusammenleben sozial und geschlechtlich ungleicher Individuen geregelt werden solle. Solche normativen Leitsätze ließen für die Autoren keinen Zweifel daran, dass sie bei Einhaltung positive ökonomische Folgen zeitigen würden.24

Abb. 5.1: Das „ganze Haus“ – die Einheit von Produktion und Konsum. Die gewollte, autarke Wirtschaftsweise des ländlichen Gutes sollte auch für die territorialstaatliche Wirtschaft Vorbild sein, wie die Darstellung aus von Leibs (1708, Kupferstich, s. p.), auf territorialstaatliche Zusammenhänge zielende Abhandlung verdeutlicht.

Abb. 5.1: Das „ganze Haus“ – die Einheit von Produktion und Konsum. Die gewollte, autarke Wirtschaftsweise des ländlichen Gutes sollte auch für die territorialstaatliche Wirtschaft Vorbild sein, wie die Darstellung aus von Leibs (1708, Kupferstich, s. p.), auf territorialstaatliche Zusammenhänge zielende Abhandlung verdeutlicht.

In ökonomischer Sicht lautete das oberste Credo des Genres einfach, dass „Haußhalten […] das Hauß und Haußwesen erhalten“ hieß.25 Mit der Forderung, Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht zu halten, verbanden die Verfasser unterschwellig die Kritik am Luxuskonsum des Landadels, der zu seiner Überschuldung beigetragen hatte.26 Zugleich zielte die sparsame Haushaltsführung des oikos darauf, Überschüsse für Notzeiten zu erwirtschaften und zurückzulegen.27 Diese adlige Haushaltungsstrategie zollte den beiden zentralen Auslösern ökonomischer Krisenerscheinungen in der Frühen Neuzeit, witterungsbedingten Ernteausfällen und allgegenwärtigen und alltäglichen kriegerischen Auseinandersetzungen, Rechnung. Damit entsprachen die Autoren dem in der Forschung als charakteristisch angesehenen ökonomischen Verhaltensleitbild der agrarisch dominierten frühneuzeitlichen Wirtschaft, dem Equilibrium.28 Doch trotz der Dominanz dieses Leitbildes konnten auch die Autoren der Hausväterliteratur die stetig intensiver werdenden marktstrukturellen Verflechtungen des adligen Haushaltes nicht ignorieren.29 Diese Verflechtungen fanden ihren sinnfälligsten Niederschlag im Lob auf die Führung von Rechungsbüchern.30 Folgten diese den Prinzipien der kaufmännischen doppelten Buchführung, spiegelten sie einen „verwaltenden Zugriff auf die Dinge“31; ohne dass dieser sich im Genre mit einer monetären Taxierung von Arbeit und Waren verband.32 Allerdings beäugten die Autoren das frühkapitalistische Wirtschaftssystem grundsätzlich eher kritisch. Diese Skepsis gegenüber dem Frühkapitalismus schien darin zu gründen, dass das aufstrebende Bürgertum und die Expansion der Geldwirtschaft erodierenden Einfluss auf die ständische Gesellschaft ausübten. Die Erosionsgefahr ging dabei vor allem vom Konnex Geld – Arbeit aus, von der modernen Erwerbsarbeit also. Denn das erworbene Geld egalisierte Kaufhandlungen, stellte mithin das an der ständischen Ordnung der Gesellschaft orientierte Konsumkonzept in Frage.33 Gravierend erschien den Autoren vor allem, dass die neue soziale Schicht des Bürgertums Geld in den Erwerb von Grundbesitz investierte. Grundbesitz jedoch war das klassische Eigentum des Adels, mit seinem Erwerb schritt somit die Nobilitierung des Bürgertums einher, die die ständische Ordnung der Gesellschaft durchlöcherte.34

Jene skizzierten moralischen Handlungsanleitungen wurzelten zweifellos in stattfindenden gesamtgesellschaftlichen Veränderungen, sie lassen sich daher auch als eine „konservative Reaktion […] auf Krisenerscheinungen der Ständeordnung“ deuten.35 Doch scheint dies nur ein Aspekt zu sein, warum die Autoren des Genres moralischen Handreichungen einen im Vergleich mit den anderen europäischen Agrarratgebern der Frühen Neuzeit hohen Stellenwert einräumten. Ein weiteres nämlich tritt gerade für die Traktate des späten 17./frühen 18. Jahrhunderts hinzu: Um die Wende zum 17. Jahrhundert war es dem Landadel gelungen, gesellschaftlich wie ökonomisch wieder an Bedeutung zu gewinnen;36 er war aber auch gezwungen, zur „Sicherung (seines) sozialen Status Landbesitz zu verwalten“.37 Doch blieb diese Konsolidierung ob des 30jährigen Krieges nur von kurzer Dauer. Die schweren Kriegsverwüstungen führten den zeitgenössischen Autoren sinnfällig vor Augen, welche Bedeutung moralische Grundwerte für das friedfertige Zusammenleben haben sollten. Die von den Verfassern formulierten moralischen Grundsätze gewannen vor diesem Hintergrund eine neue Qualität.

Obgleich die durch Brunner geprägte Debatte um die skizzierten moralisch-normativen Makro-Wissensbestände des Genres kreiste, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vermittlung nützlich-praktischen Wissens die einzelnen Traktate dominierte. Diese Wissensbestände umfassten vom juristischen Wissen über Bauwissen bis zum Wissen über das Zubereiten der Lebensmittel, also dem häuslichen, der Hausmutter unterstehendem Bereich, eine breite Spannweite. Über die Zeit hinweg spielte dabei die Repräsentation agrarischen Wissens, das die Autoren in der Regel in kosmologische Zusammenhänge einbetteten,38 eine herausragende Rolle. Insbesondere die agrarischen Wissensbestände gelten der Forschung i. d. R. als traditionell, ihrer Vermittlung durch die Hausväterliteratur wird daher keine Bedeutung für die landwirtschaftliche Entwicklung der Frühen Neuzeit zugeschrieben.39 Eine derartige Einschätzung negiert allerdings, dass es die Autoren nicht dabei beließen, einfach nur tradierte Texte zu kompilieren. Vielmehr nutzten sie ihre Traktate auch dazu, dem Lesepublikum eigene agrarische Versuche zur Kenntnis zu bringen, wie auch dazu, zeitgenössische Agrarpraktiken vorzustellen. So hielt z. B. Abraham von Thumbshrin, der seit 1569 die Oberaufsicht über 72 kurfürstlich sächsische Domänengüter innehatte,40 in seiner zunächst nur handschriftlich vorliegenden Oeconomia auch die Düngungsmethoden um Quedlinburg fest. Nachdem seine Aufzeichnungen 1616 von Casper Jugel im Druck herausgegeben wurden, nahm noch sieben Jahrzehnte später Wolf Helmhard von Hohberg diese Wissensbestände auf, die, nach seinem Bekunden, im Süden des Reiches nicht bekannt schienen, ebenso wies er auf eigene Düngeversuche hin.41 Solche Niederlegungen scheinen, wie Manfred Jakubowski-Tiessen (2010) unlängst plausibel unterstrich, eine Reaktion auf die sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts verschlechternde Witterungssituation, die sogenannte „Kleine Eiszeit“, darzustellen.

Schlussendlich sei darauf verwiesen, dass das oikistische Prinzip der Hausväterliteratur zwar auf die Sicherung der standesgemäßen Nahrung zielte. Doch zugleich forderten die Autoren, dass „das Hauß und Haußwesen erhalten“42 auch die familiäre Zukunftssicherung zu beinhalten hätte. Gerade diese Forderung der oikistischen Wirtschaftsweise erhellt in aller Deutlichkeit, dass es sich bei der moralischen Verankerung landadliger Lebens- und Wirtschaftsweisen um ein hoch ideologisiertes zeitgenössisches Wollen von Wirklichkeit handelte. Ohne die Erwirtschaftung von agrarischen Überschüssen, die durch die Marktverflechtungen monetarisiert wurden und es erst dann erlaubten, einen „Ehr pfenning“ zurückzulegen, blieb jener Aspekt der familiären Absicherung reine Illusion.43 Und so bleibt dann auch im Genre das reine Bedarfsdeckungsprinzip, das dem oikistischen Wirtschaften immanent ist, zuallererst Programm, denn Realität. Gerade die distribuierten agrarischen Wissensbestände zielten auf die marktorientierte agrarische Überschussproduktion, auf den Gelderwerb, den die Autoren jedoch moralisch-normativ einbanden.

Konturen der Autoren und Leserschaft

Als Autoren der Hausväterliteratur traten zumeist Adlige oder im Dienste von Fürsten stehende Beamte, vornehmlich aus dem protestantischen Milieu, in Erscheinung. Neben den von ihnen verfassten Schriften lassen sich auch Übersetzungen aus dem Französischen und Lateinischen anführen. Hier sei auf das von dem Jesuiten Christoph Fischer in Latein geschriebene Operis Oeconomice, das 1679 in Prag erschien und dann unter dem Titel Fleissiges Herren=Auge 11 Jahre später seine erste deutsche Übersetzung erfuhr,44 ebenso verwiesen, wie auf das von Ambrosius Kolb aus dem Französischen übersetzte Traktat Oeconomia Christiana.45 Mit Ausnahme des bereits erwähnten Architekten und Ingenieurs Georg Andreas Böckler zählten die Autoren des Genres mithin nicht zu jenem Personenkreis, der genuin als Bauexperten anzusprechen wäre. In der Regel tragen somit die von ihnen niedergelegten, gelehrten Bauwissensbestände kompilatorischen Charakter, können sich nicht absichernd auf individuelles gelehrtes Wissen berufen.

Typischerweise widmeten die Autoren ihre Schriften hochgestellten Persönlichkeiten. So dedizierte z. B. Johannes Coler, der ‚Gründervater‘ des Genres, seine 1593 gedruckte Oeconomia an den Churfürstlich Brandenburgischen Geheimen Rat und Landvogt der Uckermark Berndt von Arnim,46 Wolf Helmhard von Hohberg seine Georgica Curiosa an die österreichische Stände47 und Franz Phillip Florin den ersten Band seines Oeconomus Prudens et Legalis von 1702 an den Erzbischof zu Mainz, Erzkanzler und Kurfürsten Lothar Franz.48 Mit derartigen Widmungen mochte sich für die Autoren durchaus die Hoffnung verbinden, ihren sozialen Aufstieg einzuleiten bzw. abzusichern. Doch wie einige, kurz skizzierte Biographien zeigen, war dieses nicht unbedingt immer erforderlich. Von den namhaft zu machenden Autoren stechen, neben dem noch darzustellenden Georg Andreas Böckler, drei besonders hervor, die bereits genannt wurden: Johannes Coler, Wolf Helmhard von Hohberg und Franz Phillip Florin. Johannes Coler,49 dessen zwischen 1593 und 1601 erschienene mehrbändige Oeconomia Oder Haußbuch und die vermutlich zunächst sechsbändige Oeconomia Ruralis et Domestica, wahrscheinlich zwischen 1591 und 1605 gedruckt, ihn zum Begründer des Genres werden ließen, entstammte einer bürgerlichen, lutherischen Theologenfamilie. Sein Vater war seit 1575 Probst in Berlin, er verstarb 1612 als Superintendent in Mecklenburg, und hatte vor dieser Karriere seit ca. 1570 einschlägige landwirtschaftliche Erfahrungen durch die Bewirtschaftung seiner Pfarrgüter in Schlesien sammeln können. Sein Sohn Johannes, 1566 in Goldberg (Schlesien) geboren, absolvierte zunächst ein Medizin- und Jurastudium, bevor er in die beruflichen Fußstapfen des Vaters trat.50 Zunächst als Magister in Rostock tätig, wurde er alsdann Prediger in der Mark. Im Oktober 1639 verstarb er in Stadt Parchim. Colers Schriften setzten insofern wichtige Impulse für das Genre, als er sich nicht bloß auf die Kompilationen und Übersetzungen antiker Agrarratgeber beschränkte, sondern richtungsweisend auch über zeitgenössische Agrarpraktiken berichtete. Dass Coler seine Traktate auch dazu nutzte, protestantisches Gedankengut zu transportieren, ist evident.

Ebenfalls protestantischer, aber adliger Herkunft war auch Wolf (Wolfgang) Helmhard von Hohberg.51 Geboren am 20.10.1612 in Lengelfeld bei Krems, diente der Sprössling einer Speziallinie des Gutmmansdorfschen Zweiges zwischen 1632 und 1641 in einem Regiment Wallensteins. Seine aktive Beteiligung am 30jährigen Krieg schien Auslöser zu sein, dass sich Hohberg, der keine Schulbildung genoss, als Autodidakt ökonomischen Fragen in gemeinnütziger Perspektive annahm, um den Wiederaufbau Österreichs nach 1648 zu unterstützen. Wie viele andere Protestanten exilierte Hohberg, als sich seit den 1650er Jahren die Situation der Lutheranhänger in Österreich verschlechterte, nach Regensburg, wo er sich 1664 niederließ und vom Erlös des Verkaufes seiner Güter seinen Studien nachging. Neben literarischen Werken darf als das Hauptwerk Hohbergs seine 1682 erstmals erschienene Georgica Curiosa gelten. Die beiden großen Foliobände widmete er, der Exilant, den österreichischen Ständen. Obgleich in der Widmung der Georgica Curiosa das protestantische Glaubensverständnis Hohbergs durchscheint, bleibt dieses doch zurückgenommen, nicht bekehrend. Angesichts der noch gegenwärtigen Kriegsschrecken und der Folgelasten für den grundbesitzenden Adel zielt sie vielmehr auf eine Annährung und Versöhnung der beiden Konfessionen ab.52 Sein Traktat fand zwar bei den Adressaten positiven Widerhall, doch kehrte Hohberg bis zum Ende seines Lebens nicht nach Österreich zurück; er verstarb 1688 im Regensburger Exil.

Über die Identität des Autors des Oeconomus Prudens et Legalis, Franz Phillip Florin, herrschte in der Forschung lange Zeit Zweifel,53 die heute in ihren Grundsätzen ausgeräumt scheinen.54 Galt bis in die 1960er Jahre Franz Phillip Florin als ein Pseudonym des Pfalzgrafen (Franz) Phillip von Sulzbach, so haben die Untersuchungen von Sigmund von Frauendorfer (1957, 123), Gertrud Schröder-Lembke (1953, 114) und Heinz Haushofer (1961)55 herausgearbeitet, dass es sich bei dem Autor bzw. Mitautor und Herausgeber um einen Pfarrer gleichen namens handelte – obgleich sowohl der Oeconomus Prudens et Legalis als auch der bereits 1702 angekündigte und dann 1719 erschienene Oeconomus Prudens et Legalis Continuatus, in dem die fürstliche Hofwirtschaft und das fürstliche Zeremonial eine hervorgehobene Bedeutung einnimmt,56 post mortem erschienen. Biographische Details bleiben allerdings im Dunkeln. Gilt das Todesjahr 1699 als gesichert, lassen sich keine Aussagen über das Geburtsjahr machen, Florins beruflicher Werdegang ist in groben Zügen bekannt:57 Bevor er 1679 in Rosenberg eine Pfarrei übernahm, war er Bibliothekar des Landesherren Christian August von Sulzbach. Ein von ihm verfasster Katalog aus dem Jahre 1679 zeigt, dass in der Bibliothek die einschlägigen antiken Agrarratgeber ebenso vorhanden waren, wie die zeitgenössischen. Es kann mithin davon ausgegangen werden, dass Florinus mit diesen Trakten und den in ihnen niedergelegten Wissensbeständen gut vertraut war. Jedoch beschränkte sich sein personales agrarisches Wissen nicht nur auf solche expliziten Wissensbestände, vielmehr betrieb er als Pfarrer eine eigene Landwirtschaft. Solche agrarischen Aktivitäten waren für frühneuzeitliche Pfarrer typisch und in ihnen spiegelt sich darüber hinaus auch, dass zumindest jene Traktate der Hausväterliteratur, die von Pfarrern verfasst wurden, nicht nur reine Kompilationen bekannter Wissensbestände waren, sondern zumeist auch eigene, praktische Erfahrungen reflektierten.

Bleiben bereits viele Details des Lebenslaufes der Autoren im Dunkeln, so gilt dieses auch für die Verbreitung der Traktate und die Konturen der Leserschaft. Sicher ist, dass der Landadel den vorrangigen Adressatenkreis des Genres bildete.58 Dies ist nicht nur ob der ideologischen Stoßrichtung folgerichtig, sondern mag sich auch daraus begründen, dass dieser Adressatenkreis sowohl lesekundig wie auch finanziell in der Lage war, derartige Traktate anzuschaffen. So lassen sich z. B. die Anschaffungskosten für ein Buch auf einen mehrfachen Wochenlohn eines Handwerkergesellen schätzen,59 was den Zugang zum gedruckten gelehrten Wissen der Frühen Neuzeit per se beschränkte. Zu bedenken ist jedoch, dass die Ausstattung und das Format, mithin auch der Preis, einzelner Abhandlungen der Textsorte stark variierte; die Auflagenhöhe einzelner Titel zudem kaum exakt feststellbar ist. Während die beiden bekanntesten und in der Forschung prominentesten Werke, die von Hohberg verfasste Georgica Curiosa und der Oeconomus Prudens et Legalis des Franz Phillip Florin, im Folioformat und reich bebildert im Druck erschienen, so handelte es sich andererseits bei den von Johannes Coler geschriebenen Traktaten, bei der deutschen Ausgabe von Christoph Fischers Fleissiges Herren=Auge, der von Casper Jugel edierten Oeconomica des Abraham von Thumbshrin oder dem anonym erschienen Sächsischen Hauswirtschaftsbuch um kleinformatige Bücher ohne Bildprogramm. Eine derartige, kostengünstigere Aufmachung darf durchaus als Indiz dafür verstanden werden, dass das Genre über den primären Adressatenkreis hinaus Wirkung zeigen wollte.60

Für die in der Forschung konstatierte Breitenwirkung des Genres mag auch sprechen, dass die Abhandlungen des öfteren in mehreren Auflagen erschienen, wobei die Auflagenhöhe wohl im Durchschnitt zwischen 200 bis 1.000 Exemplaren, wie sie üblicherweise für frühneuzeitliche Druckerzeugnisse angenommen wird, gelegen haben dürfte.61 Zu den Büchern, die hierunter fallen, zählt z. B. Florins Oeconomus Prudens et Legalis, der bereits 1705, also nur drei Jahre nach Erstveröffentlichung, erneut im Druck erschien. Vielfache Nachdrucke erfuhr die von Johannes Coler geschriebene Oeconomia ruralis et domestica, die zwischen 1605 und 1711 neun Auflagen erlebte.62 Auch Hohbergs Georgica Curiosa fand weite Verbreitung, „erlebte eine Reihe von Auflagen“,63 so bereits 1697 eine zweite, vermehrte und bis 1749 dann vier weitere.64 Diese vielfachen Auflagen legen nahe, dass das Genre v. a. auch in den gesamtgesellschaftlichen Notzeiten während und nach dem 30jährigen Krieg auf fruchtbaren Boden fiel.65

5.3 Was ein (adliger) Bauherr wissen sollte – Bauen im agrarischen Rhythmus

Architekturtraktate des 15. und 16. Jahrhunderts adressierten weniger an (angehende) Experten des Bauwesens, als an potentielle Auftraggeber aus dem Hochadel.66 Die Autoren präsentierten in ihnen architektonische und ingenieurtechnische Expertise für alle technischen Bereiche, die den Landesherrn interessierten, betrieben durchaus Selbstbewerbung.67 Einerseits standen die in der Hausväterliteratur niedergelegten Bauwissensbestände in dieser Tradition, insofern sie weniger den Experten, denn den Laien ansprachen und auf dessen Bedürfnisse reflektierten. Andererseits warben die Autoren des Genres, abgesehen von Georg A. Böckler selbst keine Bauexperten, mit ihren Darlegungen nicht um Aufträge des niederen Adels. Die im 17. und 18. Jahrhundert veröffentlichten Traktate des Genres ergänzenten ferner jene an den Ritterakademien institutionalisierte Bauwissensvermittlung.68 Fokussierte letztere auf ästhetische Kompetenzen der Architekturbewertung der potentiellen Bauherren,69 so hingegen die Hausväterliteratur primär auf organisatorische.

Abb. 5.2: Das Gehöft eines Bauern realitätsnah eingebunden in natural-oikistische und marktstrukturelle Kontexte (Anonymus 1704, Titelkupfer, S. 1).

Abb. 5.2: Das Gehöft eines Bauern realitätsnah eingebunden in natural-oikistische und marktstrukturelle Kontexte (Anonymus 1704, Titelkupfer, S. 1).

Zur Bestimmung dessen, was „die Wirthschaft oder Haußhaltung eigentlich sey“,70 verlautbarte Christoph Fischer in seinem Fleissigen Herren=Auge: „Das Land= und Feld=Leben ist etwas weitläufiggers/ und bestehet meistentheils in dem mühsamen und zu rechter Zeit bestelltem Feld= und Ackerbau/ und daher fliessendem Einkommen und Vorrath; wie auch ordentlich auffgeführet= und im Bau erhaltenen Gebäuden […].“71 In jener ebenso lakonischen, wie für das Genre charakteristischen Begriffsfassung scheint an prominenter Stelle die Bedeutung durch, die die Autoren dem Bauen als Prozess und den Bauten als Produkt beimaßen. Auffällig ist, dass die Verfasser programmatisch die Bauaufgaben Neubau und Erhaltung bzw. Instandhaltung ansprachen, eine solche Gleichberechtigung war den Verfassern frühneuzeitlicher Architekturtraktate (eher) fremd.72 Frühneuzeitliche Architekturtraktate und Hausväterliteratur trennt jedoch nicht nur dieser inhaltliche Aspekt. Die Trennlinie zwischen den beiden Genres verstärkt in inhaltlicher Perspektive, dass oikistische Funktionsgebäude und das Baumaterial Holz nennenswerte Berücksichtigung fanden. Angesichts des skizzierten Adressatenkreises der Hausväterliteratur verwundert ersterer Aspekt wenig. Und nur auf den ersten Blick mag verwundern, dass die Vermittlung von Materialwissensbeständen über den Baustoff Holz bedeutsam war. Denn dieser Baustoff galt den Autoren italienischer und französischer Architekturtraktate als minderwertig,73 mittel- und nordeuropäische Verfasser allerdings schlossen sich diesem Diktum nicht an, denn Holz war in diesen Regionen das wichtigste frühneuzeitliche Baumaterial.74 Darüber hinaus markiert zum einen die im Genre stark nach geordnete Relevanz der Säulenordnung, wie sie charakteristisch für die sogenannte Repräsentationsarchitektur der Frühen Neuzeit war, zum anderen fand auch die fortschreitende geometrische und mathematische Grundlegung der Architektur nur sehr eingeschränkt Berücksichtigung.75

Die Einbettung unterschiedlichster Bauwissensbestände in den agrarisch bestimmten (Arbeits-)Rhythmus des „ganzen Hauses“ und die Verbindung einer praktischen, zumeist auf architekturtheoretische Erörterungen verzichtenden Architekturlehre – besser wohl: Baulehre – mit der„oikistischen“ Haushaltungslehre76 stellte strukturell ferner eine zweite Trennlinie zwischen den beiden Genres dar. Jene enge Verbindung fand seine Entsprechung im Bildprogramm der Hausväterliteratur. Als eines der bekannten Beispiele ist hier zunächst auf das realitätsnahe, das Gehöft eines Bauern abbildende Titelkupfer des 1704 erschienenen, anonym verfassten Sächsischen Land-, Hauß- und Wirthschafts-Buch zu verweisen.77

Reflektiert diese Darstellung die markstrukturelle Verflechtung des „ganzen Hauses“, angedeutet durch die im Hintergrund sichtbare Siedlung, so blenden die meisten Traktate des Genres diese aus, fokussieren in ihrem Bildprogramm normativ auf das oikistische Ideal. Dieses verband sich dabei augenfällig mit den dominanten architekturtheoretischen Prinzipien der Regularität, Symmetrie und Ordnung, die den Autoren des 17. und 18. Jahrhunderts als verbindliche, Sicht-Kontrollen ermöglichende Gestaltungsprinzipien eines adligen Landgutes galten.78

Die programmatische bildliche Umsetzung dieser Kontexte variierte im Genre erheblich. Während der bayerische Arzt Johann Jakob Agricola(m) in seinem 1677 erschienen Schau-Platz deß allgemeinen Hauß-Haltens die enge, wechselseitige Beziehung zwischen oikistischem Ideal und den genannten architektonischen Prinzipien noch praxis-lebensweltlich einband, so blendete Wolf Helmhard von Hohberg in seiner 1687 veröffentlichten Georgica curiosa diese zugunsten einer Darstellungsweise aus, die von der „starren Kombination der Bildelemente“79 dominiert wurde. Ihren abstrahierenden Höhepunkt fand eine solche kontextuelle Widerspiegelung dann in den Grundrissdarstellungen adliger Landgüter und Meyer-Höfe.80 Hat die architekturhistorische Forschung diese strukturellen Zusammenhänge bereits betont,81 so fragte weder sie noch die Kunstgeschichte danach, welche praxis- und handlungsrelevanten Wissensbestände die Autoren als essentiell für das dem Landadel angemessene Bauen ansahen. Die in den Traktaten niedergelegten Bauwissensbestände, die sich nicht nur auf die Wohnhausarchitektur beschränkten, sind jedoch nicht als einzige Forschungslücke anzusprechen. Bislang wurde zudem nicht thematisiert, wie sich der Prozess des Bauens in die adlige Lebenswelt einfügte – wie die Autoren ihn in den das „ganze Haus“ bestimmenden agrarischen Rhythmus integrierten.

Sehr lakonisch, regelhaft einprägsam finden sich im 1747 erneut erschienenen Klugen Hauß-Vater/Verständige Haus-Mutter/Vollkommener Land-Medicus … Nebst einem Deutlichen und gewissen Handgriff, Die Haushaltungs-Kunst Innerhalb von 24 Stunden zu erlernen …,82 ein, dem barocken „Universalgelehrten“ Johann Joachim Becher (1635–1682)83 zugeschriebenes Traktat – zuerst 1699 veröffentlicht und eine Zusammenfassung dreier 1691 erschienen Abhandlungen bildend84 – unter der Überschrift Wann man bauen soll, folgende Regeln: So seien die Tannen, als Baumaterial für die Scheunen, im Mai zu schlagen, da sie dann nicht reißen. In Vorbereitung der Ernteeinbringung sollen die Scheunen gereinigt werden und „muß man wegen der Mäuse Erlenlaub unterlegen, so nisten sie nicht darein“.85 Zunächst erscheint befremdlich, dass mit dem Topos „bauen“ – wie selbstverständlich – nicht vorrangig das Erbauen oder die Instandhaltung eines Gebäudes, sondern Fragen der Baumaterialgewinnung und Schutzmaßnahmen der Ernteerträge gegen agrarische Schädlinge86 angesprochen wurden. Dieses Befremden weicht jedoch angesichts der konstitutiven Einbindung des oikos in naturale und kosmologische Kontexte, alle Arbeitsprozesse im „ganzen Hause“ blieben nicht nur rückgebunden an die soziale und geschlechtliche Position der Individuen. Die zeitliche Fixierung von Arbeitsabläufen galt dabei nicht nur für die agrarischen Tätigkeiten, die im jahreszeitlichen Rhythmus anfielen, auch Prozesse des Bauens fügten sich diesem ein. Seinen sinnfälligen Niederschlag fanden derartige temporale Regelungen in den meisten Traktaten des Genres in der Wiedergabe von Monatskalendern, in denen die zu verrichtenden Arbeiten geschildert wurden.87 Während auf die temporale Einbettung einzelner Schritte des Bauprozesses ausführlicher Abschnitt 5.4 eingeht, wird hier nochmals auf jene expliziten Wissensbestände zurückgekommen, die auf das Baumaterial fokussieren und indirekt Aspekte der Baulogistik beinhalten.

Dass im Genre eine inhaltliche Schwerpunktsetzung auf Wissensbestände, die das Baumaterial Holz betreffen, feststellbar ist, wurzelt primär darin, dass Holz in Mitteleuropa während der Frühen Neuzeit das zentrale Baumaterial blieb. Sie fand im Genre ihren Niederschlag darin, dass der verwaltende Zugriff auf die Dinge vor allem auf die strategische Ressource Holz, mithin auf den eigenen Wald des Landadligen, bezogen wurde.88

Im Hinblick auf die monatliche Fixierung einzelner Arbeitsschritte im „ganzen Haus“ entpuppt sich nun Bechers Handlungsregel, Tannen als Baumaterial im Mai zu fällen, als singulärer Ratschlag. Vielmehr herrschte bei den Autoren mehrheitliche Übereinstimmung, dass generell der Januar der geeignete Monat zum Fällen des Bauholzes wäre. Ausschlaggebend war weniger die vergleichsweise geringe Arbeitsbelastung, vielmehr beriefen sich die Autoren auf seit der Antike bekannte Wissensbestände über die Zyklen des Holzwachstums. In seinem Fleissigen Herren=Auge beschrieb Christoph Fischer die im Monat Januar zu verrichtenden Tätigkeiten und führte exemplarisch für das Genre in diesem Zusammenhang u. a. aus:

„So soll man auch zu dieser Zeit die Materialien oder Bau=Holz zu den Gebäuden/ Häusern/ Ställen/ Böden/ Scheuren/ Keller/ Braustatt/ Schaaf=Ställen und dergleichen/ fällen und beschlagen […] Worbey dann in acht zu nehmen/ daß bey solchem Holtz-Fällen das vornehmste ist/ sich nach dem Mond zu richten/ […].“89

Fischer begründete dieses mit tradierten, handwerklichen Wissensbeständen, wobei es vor allem Baufachleute waren, die als semantische Stabilisatoren dieses materialbezogenen Wissens fungierten:

„Es halten aber insgemein alle Bau=Meister/ Zimmer=Leute und Holtz=Verständige es dafür/ daß man alles Bau=Holz/ so lange dauern soll/ bey abnehmenden Mond fällen und hauen solle/ auß Ursach/ weilen aller Safft bey zunehmenden Mond beweget werde und wachse; hergegen bey abnehmendem Mond/ und vor dem Neuen/ die grobe und jähe Feuchtigkeit (so einen Anfang zur Fäulung machet/) ausziehe/ und das Holz viel säuberer/ reiner/ schöner/ dicker/ beständig= und dauerhaffter zu allen Gebäude sey.“90

Gestützt wurde dieses empirisch-handwerkliche Wissen durch die Berufung auf antik-gelehrtes Wissen:

„Es halten aber alle alte und neue Bau= und Werck=Meister einhellig davor/ daß der Jenner=Mond=Schein zum Bauholtz=Fällen am allertauglichsten und nützlich sey. Cato schreibet/ man soll alles Bau=Holtz im Jenner fällen/ […] Eben dieses lehret auch M. Varro und Columella, welcher hierzu den 21sten und folgende Tage dieses Monats vor tauglich hält […].“91

Aus Sicht der Autoren schuf allein die Berufung auf handwerkliche Wissensbestände keine hinreichende Basis zur Formulierung regelhaften Wissens über die Gewinnung des Bauholzes. Vielmehr bedurfte es der legitimatorischen Absicherung solcher Wissensbestände durch den Rekurs auf die spezifische Dignität des gelehrten, antiken Wissens – eine seit Beginn der Frühen Neuzeit allgegenwärtige, etablierte rhetorische Strategie.92 Diese expliziten Wissensbestände verwebten nicht nur empirisch-handwerkliches Wissen mit gelehrt-antiken, sondern spiegeln auch vorindustriellen Waldbewirtschaftungsweisen, die rückgebunden blieben an natürliche Wachstumszyklen. Insofern verschmolzen in diesen Regeln, die auf die Gewinnung des sogenannten, dauerhaften „Mondholzes“ zielten, komplexe Wissensbestände.

Offenkundig strebten die Autoren danach, dem Bauherrn vor allem mit logistischem und organisatorischem Sachverstand auszustatten. Ihm oblag damit zuvorderst die Kontrolle des Bauprozesses, nicht jedoch das Bauen selbst. Eine Beschränkung, die angesichts des personalen Nicht-Wissens der Autoren ebenso plausibel scheint, wie die Ausblendung genuin architektonischer und konstruktiver Wissensbestände, die nur selten im Genre angesprochen wurden. Solche Bauwissensbestände blieben damit rückgebunden an die handelnden Akteure, den Baumeister und die Handwerker. Beäugten die Autoren den Baumeister unkritisch,93 so galt diese Haltung nicht für die Bauhandhandwerker. In dieser doppeldeutigen Wertschätzung monetarisierter Arbeitsleistungen mag sich auch der Erfolg der rhetorischen Strategie der frühneuzeitlichen „technischen Intelligenz“ spiegeln,94 deren propagierten gesellschaftlichen Status die Autoren der Hausväterliteratur scheinbar akzeptierten. Der skeptische Blick auf die Bauhandwerker dürfte darauf rückführbar sein, dass sie als lohnabhängig Beschäftigte nur für einen fixierten Zeitraum im „ganzen Haus“ tätig waren. Sie stellten geradezu einen sozialen Fremdkörper innerhalb des oikistischen Gesamtzusammenhanges dar. Hinzu kam, dass das Wissen der Bauhandwerker in soziale Kontexte eingebunden war, die auch seine Verbalisierung prägten und dem Bauherrn fremd blieben. Die Unzugänglichkeit zum personalen Handwerkerwissens und seine soziale Fremdheit im „ganzen Haus“ fand in den Texten einen doppelten Niederschlag: Zum einen versuchten die Autoren darzulegen, aus welchem Material am besten die Hausmauern bestünden, zum anderen und wesentlicher, wie die Arbeitsverträge zwischen den Bauherrn und den gedungenen Handwerkern zu gestalten wären.95 Solche Niederlegungen würden den Bauherrn in die Lage versetzen, den Arbeitsprozess zu kontrollieren und sie vermieden so, dass „der Tag von hynnen“ sei, bevor die Arbeit der Bauhandwerker begann.96

5.4 Georg Andreas Böckler und seine Nützliche Hauß= und Feld=Schule

5.4.1 Biographische Skizze

Der Architekturgeschichte ist Georg Andreas Böckler vor allem als deutscher Herausgeber und Kommentator der 1570 erschienenen, von Andrea Palladio verfassten Quattro libri dell’architettura bekannt.97 Wahrscheinlich zwischen 1617 und 1620 in Cronheim (Franken) als Sohn eines evangelischen Landpfarrers geboren,98 verlieren sich Böcklers biographische Spuren bis um 1644. Es bleibt im Dunkeln, welche Ausbildung er durchlief, die es ihm erlaubte, sich kritiklos auf den Titelblättern seiner Traktate als Architekt und Ingenieur zu bezeichnen. Sichere biographische und berufliche Daten, die zugleich ein Indiz seiner architektonischen und technischen Ausbildung sind, lassen sich erst für spätere Jahrzehnte nennen. Zwischen 1652 und 1656 als Baumeister in den Diensten des Grafen Johann zu Nassau-Idstein stehend, wechselte Böckler, nachdem er bereits 1654 zum Herzoglich Württembergischen Hofbaumeister ernannt worden war, in die Dienste des Pfalzgrafen Karl I. Ludwig. Wie lange er für Karl I. Ludwig tätig war, bleibt ungewiss. Sicher lassen sich Böcklers Spuren erst 1664 erneut greifen, als er sich wieder in Frankfurt am Main niederlässt. Drei Jahr später, 1667, erfolgt die Berufung Böcklers an den markgräflichen Hof von Baden-Durlach, an dem er ein Jahrzehnt verblieb. In die Zeit dieser Tätigkeit fiel auch die umfassende städtebauliche Planung von Mühlburg,99 das seit 1555 die Sommerresidenz der Markgrafen beheimatete und dessen Schloss 1622 Tillys Truppen niederbrannten. In den Jahren zwischen 1678 bis 1687 finden wir dann Böckler im Dienst des Markgrafen Johann Friedrich von Brandenburg-Ansbach stehend. In dieser Position obliegt ihm die fachliche Ausbildung der Prinzen und die „architektonische bzw. bautechnische Beratung bei diversen Bauvorhaben“.100 Darüber hinaus beginnt Böckler während dieser Zeit mit der Übersetzung des Palladianischen Architekturtraktes, die er mit hoher Wahrscheinlichkeit 1684 abschloss.101 Die 1698 erfolgte Veröffentlichung dieses Werkes sollte Böckler allerdings nicht mehr erleben, verstarb er doch 1687 verarmt in Ansbach.

Die skizzierten biographischen Daten zum Leben von Georg Andreas Böckler veranschaulichen, dass es sich bei ihm um ein Mitglied jener, sich zum Beginn der Frühen Neuzeit herausbildenden neuen sozialen Gruppen der „technischen Intelligenz“ handelte.102 Wie viele andere Zeitgenossen dieser sozialen Gruppe vereinte er dabei sowohl künstlerische wie technische Expertise – war Architekt und Ingenieur. Historiographisch beruht Böcklers Bedeutung nicht auf den von ihm geplanten und realisierten Bauten, ist doch keiner materiell überliefert, sondern auf seinen vielfältigen literarischen Aktivitäten. Wie viele Mitglieder der frühneuzeitlichen technischen Intelligenz nutzte auch Böckler die sich bietenden Möglichkeiten des frühneuzeitlichen Buchdruckes, um in die Welt gelehrten Wissens einzutreten und sein Sozialprestige zu erhöhen.103 Hierbei beschränkten sich Böcklers Aktivitäten nicht nur auf die Abfassung eigenständiger architektonischer Traktate aus den Bereichen der sogenannten Zivil-104 und Kriegsbaukunst.105 Vielmehr gab er auch Schriften zur Heraldik106 und Druckgraphik107 sowie Moral- und Erbauungsliteratur heraus.108 Schon zu Böcklers Lebzeiten zählten zwei seiner Traktate zu den zeitgenössischen Standardwerken des gebildeten Lesepublikums. Hierbei handelt es sich zum einen um das 1661 erschienene Theatrum Machinarum Novum,109 einem Traktat des Genres der frühneuzeitlichen Maschinenbücher,110 zum anderen um die bereits des öfteren erwähnte, 1687 veröffentlichte Hauß- und Feld-Schule. Jene, von der Forschung konstatierte, zeitgenössische Wertschätzung deutet nicht nur auf eine weite Verbreitung der Hauß- und Feld-Schule hin, sondern auch an, dass die dort niedergelegten Wissensbestände den Rezipienten von alltags-praktischer Relevanz schienen.

5.4.2 „Nach deme wir nun den Bauplatz mit allen seinen Umbständen in etwas entworffen und betrachtet/ alß ist für allen Dingen nöthig diesen Meyerhoff mit darzu erforderten Personen zu besetzen […]“

Wie kaum ein anderer Autor des Genres ließ Böckler in seiner Hauß- und Feld-Schule vor den Augen des Lesers ein Landgut entstehen und erst anschließend die dramatis personae die Bühne des Geschehens betreten. Diese klare narrative Struktur des Textes gründet, nach Böcklers eigenen Aussagen, primär darin, dass ihn „[…] hohe […] Standspersonen“ ersucht hätten, seine Meinung über ein 29 Jahre vorher erschienenes Traktat Joseph Furttenbachs (d. J.) kundzutun.111 Bei diesem namentlich nicht erwähnten Traktat Furttenbachs handelt sich um die 1649 in Augsburg gedruckte Abhandlung MayerHoffs Gebäw, in der Furttenbach auf knapp 20 Seiten die Anlegung eines Meyerhofes thematisierte. Auch Furttenbach hatte dem Lesepublikum versprochen, alle hierfür relevanten Wissensbestände zu vermitteln, die ihm angesichts der Zerstörungen des 30jährigen Krieges essentiell für den Wiederaufbau bzw. Neubau solcher Gebäude schienen.112 Es scheint jenem Bezugspunkt geschuldet, dass Böckler in seiner Abhandlung ausschließlich auf den Neubau fokussierte, Fragen der Instandhaltung spielten bei ihm, im Gegensatz zu anderen Autoren des Genres, keine Rolle.

Zwar äußerte sich Böckler in den thematisch relevanten Abschnitten seiner Hauß- und Feld-Schule nicht explizit kritisch gegenüber den Furttenbachschen Traktat, dennoch lässt bereits der Umfang der Böcklerschen Erläuterungen eine kritische Distanz ebenso erkennen, wie seine umfänglichen graphischen Darstellungen. Hatte Furttenbach dem gebildeten Lesepublikum nur zwei Gebäudegrundrisse präsentiert,113 so versah Böckler seinen Text zudem mit zahlreichen Ansichten und Schnitten. Er trug somit, im Gegensatz zu Furttenbach, dem hohen Stellenwert visueller Wissensrepräsentation in der Frühen Neuzeit Rechnung.114

Für einen mit beiden Traktaten vertrauten Leser trat die Diskrepanz zwischen Böckler und Furttenbach jedoch nicht nur in dieser Hinsicht zu Tage. Fundamental unterschieden sich die beiden Autoren vor allem hinsichtlich des baulichen Konzepts des idealtypischen Meyerhofes, der bei Furttenbach aus nur einem, alle Funktionen einenden Baukörper bestand. Ein architektonisches Konzept, für das Böckler nur vernichtende Kritik übrig hatte. Ohne Furttenbach namentlich zu nennen konstatierte er apodiktisch:

„Insonderheit wird auch der Bauherr dieses Meyerhofes absonderlich gewarnet/ daß derselbige sich keines weges auß Vorwandt- und Ersparung der Bau-Kosten/ durch ein und andere vermeynte Baumeister dahin sich solle bereden lassen/ daß er das ganze Gebäu/ so zu Menschen/ Viehe/ Heu und Stroh gehöret/ unter einen Dach bringe […] / wie dergleichen hin und wieder unterschiedlicher Orthen/ nicht ohne grossen Irrthum/ zusehn/ aber gar nicht zu loben/ noch viel weniger zufolgen ist.“115

Auffällig an dieser Stellungnahme Böcklers ist, dass er den Hausvater direkt in seiner Rolle als Bauherren anspricht. Diese Rollenzuweisung kennzeichnet den ersten Abschnitt der Hauß- und Feld-Schule, der sich ausschließlich der Bauplanung verschreibt. Sie hebt das Traktat damit aus dem Gros des Genres hervor. Denn Böcklers Kritik, dass Autoren „auch offt der Gebäu und Wohnungen/ samt anderer nothwendiger Zugehör nicht gedacht/ sondern ganz aussen gelassen“ hätten, ist, wie im vorangegangenem Abschnitt 5.4.1 skizziert, nicht ganz von der Hand zu weisen. Es ist diese Wissenslücke, die Böckler füllen will und „die Beschaffenheit einer vollkommenen Meyerey und Landguts/ mit aller Zubehör/ aufzusetzen/ und der Nachwelt zu hinterlassen.“ Ein hoher Anspruch der Wissensvermittlung, auch, da Böckler seinen „vollkommenen“ Bau den konkreten regionalen Gegebenheiten und Traditionen entzog und ihn gewissermaßen entlokalisierte und -tradionalisierte. Der von Böckler propagierte Meyerhof nannte nicht mehr eine territorial konkrete Situation sein eigen, sondern „das mittlere Clima Teutschlands“, die Regionen am Rhein und Main.116 Hiermit verband sich, wie noch zu zeigen sein wird, eine nicht unerhebliche Problematik für die Wissensvermittlung, ließen sich doch lokale (Bau-)Traditionen für die Niederlegung von Bauwissensbeständen nicht einfach ignorieren.

Obgleich mit einem anderen personalen Wissenshintergrund argumentierend, dominierte auch in der Hauß- und Feld-Schule Böcklers die Niederlegung von Wissensbeständen, die auf Aspekte des Baumaterials und der -organisation zielten. Solche, die auf baukonstruktive Aspekte fokussierten erfuhren nur, wie im Genre üblich, eine nachgeordnete Bedeutung. Allerdings bedurfte es bei der Niederlegung der Wissensbestände nicht einer Absicherung vermittels des Verweises auf antike Quellen; die zeitgenössisch anerkannte Expertise des Autors verlieh ihnen per se autoritativen Charakter.

5.4.3 Der Hausvater als Bauherr – Zum Wissenstransfer des Experten

Böckler legte sein Bauwissen in fünf Abschnitten nieder, beginnend mit der Wahl des Bauplatzes, über die Gewinnung, den Kauf und die Verwendung des Baumaterials, die Bauausführung bis hin zur Anlage der landwirtschaftlichen Nebengebäude und der, gegebenenfalls benötigten, Brunnen. Mit dieser Strukturierung folgte er der Prozesslogik des Neubaues sowie der kanonischen Erzählstruktur der Genres. Auch wurzelten die in je eigenen „Classis“ präsentierten Wissensbestände des Architekten in einem Begriffsverständnis von „bauen“, das über den Hoch- und Tiefbau hinausging; auch aus Holz gefertigte Arbeitsgeräte und Möbel umfasste.117

Böcklers Anspruch, Bauwissensbestände zu präsentieren, die den adligen Bauherrn in die Lage versetzten, Sachverstand für die Errichtung eines entlokalisierten Meyerhofes zu erwerben, stießen bereits in der Classis I. Von nützlicher und ordentlicher Anstellung einer Meyerey/ Landguths oder Baurenhoff/ sampt dessen Zugehör ins gemein an ihre (selbst)erklärenden Grenzen. Musste doch Böckler in diesem einleitenden Abschnitt bekennen, dass es nicht möglich sei, den „vollkommene(n) und ohnmangelhaffte(n) Ort zu einem Meyerhoff“ in Worte zu fassen. Eine differenzierte und zugleich allgemeingültige Formulierung von Wissensbeständen über die Wahl des optimalen Bauplatzes sei „gleichsam Schlösser in die Lufft bauen“, so Böckler.118 Infolgedessen beschränkte sich auch der Architekt darauf, lakonisches Regelwissen zu verschriftlichen, wie es dem Genre entsprach. Betonten die Autoren des Genres gewöhnlich nur die Bedeutung klimatischer und topographischer Gegebenheiten für die Wahl des Bauplatzes hinsichtlich des gesundheitlichen Wohlergehens zukünftiger Bewohner, so unterstrich Böckler darüber hinaus jene für die Standfestigkeit des Gebäudes. Den adligen Bauherrn warnend verlautbarte Böckler in dieser Hinsicht:

„Man solle aber in Anlegung eines Meyerhoffs/ wo müglich/ und es die Gelegenheit zulassen will/ allezeit dahin trachten/ daß man denselbigen auff einem ebenen Absatz/ an der Seiten eines Berges meistentheils gegen Aufgang und vornen gegen Mittag gelegen/ oder auff einem festen Land anlege; dann dadurch wird man versichert vor der grossen Sonne-Hitze und Frost des Winters/ auf für Belästigung der Nebel und Wind/ auch Anlauffung der Bäche und deß Wassers so von den Gebürgen komet/ so dem Gebäu und dessen Fundament leichtlich Schaden zufügen könnte/ insonderheit wann es ein Regen=widrittes und windiges Jahr gibt.“119

Dass Böckler sich auf eine solche, lapidare Niederlegung eines essentiellen Wissensbestandes für die Wahl des Bauplatzes beschränkte, dürfte nicht nur an dem räumlich relativ universalen Anspruch seines Konzepts der Wissensvermittlung gelegen haben. Ferner scheint es so, dass der Architekt personale baukonstruktive Wissensbestände über die Fundamentierung als zu komplex erachtete, dass sie dem Alltagswissen des adligen Bauherrn verständlich wären. Diese Grenzen der Wissensvermittlung durchzieht das Böcklersche Traktat. Offenkundig tritt dies auch bei jenen, von Böckler in der Classis II. Von den Materialien präsentierten Materialwissensbeständen zu Tage. Eröffnet wurden diese, wie im Genre üblich, mit dem nicht quantifizierten Ratschlag, alle benötigten Baumaterialien rechtzeitig zu beschaffen, um einen reibungslosen Ablauf des Neubaus zu gewähren. Folgte der Architekt hier den Kompliatoren, betonte gar, dass diese Regel „für alle[…] Dinge[…] zu wissen“120 sei, so unterschied er sich doch in seiner Wissenspräsentation von ihnen, denn Böckler widmete sich ungleich ausführlicher allen wichtigen Baumaterialien, die er in sieben „Gattungen“ klassifizierte – Stein, Sand, Kalk, Holz, Eisen, Blei und Glas. Aspekte der Materialqualität und -verwendung sowie der Maße der Baustoffe strukturierten dabei die Niederlegung des personalen Bauwissens, die zwischen lapidaren Regeln, exakten Maßangaben und kurzen (chemo-)technischen Informationen oszillierte. So vermittelte Böckler im Abschnitt der Gattung „Stein“ dem adligen Bauherrn nicht nur die regional unterschiedlichen Maße für Back- und Ziegelsteine,121 sondern auch die unterschiedlichen Natursteinarten samt ihres Gebrauches.122 Allerdings konzentrierten sich Böcklers Explizierungen auf Aspekte der Materialqualität, besser: auf die Möglichkeit einer empirischen Qualitätskontrolle dieser Baustoffe durch den Bauherrn.123 So sei es für den Bauherrn, laut Böckler, ein leichtes, die Tragfestigkeit von Natursteinen zu evaluieren, wenn er rechtzeitig einen Neubau plane. Denn, so Böckler: „Wann man demnach ein beständig Maurwerk oder Gebäu machen will/ so solle man im Sommer und nicht zu Winters-Zeiten die Steine brechen/ hernach dieselbige ein Jahr oder 2. in der Lufft/ Frost/ Hitz und Regen liegen lassen: Was nun beständig und gut bleibet/ und von dem Wetter nicht zermalet oder consumiret wird/ kann man zu dem äusserlichen Maurwerk oberhalb der Erden gebrauchen/ mit dem übrigen aber […] die Fundamenta außfüllen und auffmauern.“124 Dieses explizierte Wissen verdeutlicht nicht nur die naturale Einbindung des Bauens in der Vormoderne, es verwies den Bauherrn vor allem auch darauf, dass der Neubau ein langjähriges, gut zu planendes Vorhaben war. Insofern offenbart sich hier auch die Verschmelzung unterschiedlicher Bauwissensbestände, ein Verweis darauf, dass verregeltes, zeitlich unspezifisches logistisches Wissen eng verknüpft war mit Materialwissensbeständen. Die enge Verzahnung dieser beiden Wissensbestände spiegelt auch Böcklers Text in Hinblick auf benötigte Backsteine wider. In diesem Kontext konstatiert er:

„1. Wann man gute gebachene Steine/ so fest/ und in die Länge dauren sollen/ so wohl zu dem Mauerwerck als den Deckblatten auff die Dächer/ machen will lassen/ so solle man die beste weisse/ röthlich-leimichte und geschmeidige Erde/ welche ohne Sand und Kiß ist/ darzu erwählen. 2. Die Erde darzu sollte im Herbst gegraben/ im Winter eingeweicht und im Frühling darvon die Steine formiret werden/ damit dieselbige zu gleich am Zeug ohne gähe Hitz der Sonnen wohl austrocknen mögen. Dann so man solche im Sommer trocknen wollte/ würden sie außwendig sprödt und hart/ und blieben inwendig feucht/ daher sie leichtlich springen oder spalten. 3. Da es aber die Noth erforderte/ daß man solche Steine im Sommer oder Winter machen müste/ so sollen dieselbige deß Winters mit trockenem Sand und des Sommers mit Stroh zugedecket werden/ diese muß man eine lange Zeit im Schatten trocknen lassen/ damit sie nicht allein außwendig an ihrer Fläche/ sondern auch zugleich innerhalb trocken werden/ welches aber erst in zwey Jahren geschehen kann.“125

Reduzierte Böckler das aus seiner Sicht notwendige Wissen über das Baumaterial Naturstein auf genuin naturale Aspekte, im Sinne der Verwitterung, so inkludierte er beim Kunststein dessen geeignete Rohstoffe, wie auch technische Hilfsverfahren zur Trocknung, wenn die zeitlich-optimale Produktion sommers nicht möglich war.

Die Bedeutung, die der Architekt und Ingenieur technologischen Inhalten bei der Distribution seines Materialwissens zumaß, durchzieht prägend die Erörterung in der Classis II. Allerdings stand dabei nicht die Explizierung genuin technischer Sachverhalte der Baumaterialproduktion im Vordergrund. Böckler folgte narrativ der bereits angesprochenen Strategie, hob dezidiert auf die Wissensvermittlung des Einflusses der verwendeten Rohstoffen auf die Qualität des Endproduktes ab. Prägnant spiegelt sich dies in der Darlegung des personalen Wissens zum gebrannten Kalk und zum Glas wider.126 Böcklers Zurückhaltung, den gebildeten Leser mit genuin technischen Sachverhalten zu konfrontieren, mag in diesen genannten Fällen darin gründen, dass die komplexen chemo-technischen Verfahrensschritte sich größtenteils im Nichtsichtbaren abspielten, sich dem Sehen entzogen. Einzig der Rekurs auf alchemistische Wissensbestände hätte es Böckler erlaubt, dem Leser die chemo-technischen Verfahrensschritte zu erläutern. Zugleich stieß der Autor insbesondere dort an die Grenzen seiner Wissensvermittlung, wo die lokal und regional anstehenden Rohstoffe von erheblicher Bedeutung für die Qualität des Produktes waren, wie z. B. beim Glas. Hier vermied Böckler, wohl auch, um seinem ent-lokalisierten Bauwissen-Vermittlungsanspruch gerecht zu werden, jegliche weitere Erörterung und konstatierte lakonisch: „Je weisser und reiner das Glaß/ je höher es aestimirt und geschätzet wird“.127

Abb. 5.3: Formen der Dachziegel und der Deckungen. Figur A zeigt die sogenannte einfache, Figur B die doppelte Deckung des Daches. Die anschließend dargestellten Gesime sollten dem Bauherrn veranschaulichen, welche standesgemäßen Formen angemessen seien (Böckler 1678, zwischen S. 12 und S. 13).

Abb. 5.3: Formen der Dachziegel und der Deckungen. Figur A zeigt die sogenannte einfache, Figur B die doppelte Deckung des Daches. Die anschließend dargestellten Gesime sollten dem Bauherrn veranschaulichen, welche standesgemäßen Formen angemessen seien (Böckler 1678, zwischen S. 12 und S. 13).

Vor allem aber habe der adlige Bauherr, so Böcklers Darstellung, auf die zur Dachdeckung verwendeten Ziegel zu achten. Hier schien es nach Meinung des Experten noch weit verbreitet, Ziegel zu nutzen, deren Eigengewicht in keinem ausgewogenen Verhältnis zur tragenden Dachkonstruktion stand.128 Um die Standfestigkeit des Baues zu gewährleisten galt es daher, dem Bauherren über die Masse der zu verwendenden Ziegel und bautechnische Aspekte der Dachdeckung in Kenntnis zu setzen:

„Die Zusammenfügung der Deckblatten werden von etlichen innenwendig mit Speitz beworffen/ weil aber die doppelte Deckung sich selbst verwahret/ al man nur einen Dännen […] oder Schindelstück allezeit/ wo die Deckblatten mit den Nebenleuthen zusammen stossen/ in der Mitte unterschieben; und ist dieses bevorab bey der emfachen Deckung in acht zu nehmen/ da etwa am Dach ein oder ander Mangel/ kan der Hauß-Vatter allezeit durch Vorschiebung der Schindel leitlich wieder helffen.“129

Die Bedeutung, die Böckler der seiner Meinung nach richtigen Dachdeckung beimisst, gründet nicht nur in baustatischen Problemlagen, sondern auch im „groben Unverstand der Handwercks-Leute“, die nicht nur falsch, sondern auch für den Bauherren kostenintensiv das Dach decken würden.130 Diese Zuschreibungen dürften auch Grund dafür sein, dass Böckler sowohl die Formen der Ziegel, als auch die Struktur der Dachdeckung nicht nur beschrieb, sondern dieser Beschreibung auch, was im nicht direkt kritisierten Traktat Furttenbachs fehlte, eine Abbildung beifügte.

Sind solche Darlegungen, ob der ausgewiesenen Expertise des Autors verständlich, für das Genre singulär, so unterscheidet sich Böcklers Schwerpunktsetzung bei der Vermittlung von baulichen Materialwissen wenig von der grundsätzlichen Struktur des Genres, auch in seinen Darlegungen nimmt das Baumaterial Holz eine hervorgehobene Bedeutung ein. Böckler diskutiert zunächst in typischer Weise die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Bauholz zu fällen sei, weist auch auf das Mondholz hin. Relevanter als die zeitliche Bestimmung, die bei Böckler unbestimmt bleibt, ist für ihn der Wissenstransfer um technische Verfahren und deren Einfluss auf die Materialqualität. „8. Ehe man das Bauholz fället/ muß man den Stamm biß auff die halbe Seiten mitten des Baums behauen/ und also stehen lassen/ biß der Baum außtrocknet. 9. Man kan auch das Bauholz schelen/ und biß auff den halben Theil deß Marcks von einander sägen/ damit er weder von Safft noch Erden könne Nahrung haben“.131 Unterbrochen werden jene praktischen Leitsätze durch solche, die die witterungsbedingte Lagerung des gefällten Bauholzes und seine verwendungszweckorientierten Klassifikation ansprechen; anschließend legt Böckler seine praktizierte Techniken der Qualitätskontrolle dar, die sich auf die Beobachtung des Saftabflusses von angeschlagenen Bäumen und dem Klang beim Einschlag beschränkt, je weniger Saft abflösse und je besser der Klang von der Schlagstelle an das Ende des Stammes übertragen würde, je härter sei das Holz, so Böckler. In diesem Zusammenhang verzichtet der Experte bewusst auf die Wiedergabe bereits von „Mathematicis“ niedergelegter Wissensbestände.132 Bleibt dieser Verzicht seitens des Autors unbegründet, scheint er mit dem starken Praxisbezug der im Traktat vermittelten Bauwissensbestände eng verknüpft. Die Rückbindung der Wissensvermittlung an die adlige Lebenspraxis spiegelt auch die Bauholzklassifikation Böcklers wider, die einzig auf den besten Verwendungszweck rekurriert, die natürliche Härte zum einzigen Ordnungskriterium erhebt. Aufgrund seiner natürlichen Wasserresistenz sei Eichenholz am besten für Pfahlbaukonstruktionen geeignet, für tragende Konstruktionen könne es hingegen durch Erlenholz ersetzt werden. Tannenholz solle man vor allem für die Innenkonstruktionen und -ausbau nutzen, Hagebuchen müssen zunächst im Wasser gehärtet werden und eignen sich dann als Baumaterial für Gerätschaften (Pressen etc.).133 Mögen diese Ausführungen lapidar erscheinen, erweisen sie sich doch als zeitgenössisch wissenswert, verfügte doch nicht jeder adlige Haushalt über geeignete Wälder für die Bauholzgewinnung. Für den Kauf benötigten Bauholzes stellte die Darlegung des jeweiligen Verwendungszweckes jedoch keine hinreichende Information dar; ergänzend legte Böckler daher die gängigen Maße des von dem jeweiligen Landesherrn vertriebenen Holzes dar, sah sich aber ausser Stande, dem Leser über Preise zu informieren, da diese abhängig von den naturalen Wachstumsbedingungen seien und daher stark schwanken.134

Grundlage aller baulichen Aktivitäten bildete die begrenzte Verfügbarkeit der Baumaterialien. Waren diese beschafft, wobei ihre quantitative Dimension unbeachtet blieb, konnten die weiteren Schritte der Prozessplanung erfolgen; diese Argumentation teilte auch der Experte. In antiker Tradition stehend, hoben die meisten Autoren für die sich nun prozesshaft anschließende Wahl des Bauplatzes vor allem klimatische Aspekte hervor. Böckler hingegen legte Wert darauf hinzuweisen, dass der Bauplatz genügend Fläche für Erweiterungsbauten böte. Doch ist für ihn die Wahl des Bauplatzes weniger zentral, denn die proportionierte, geordnete Anlage des Ensembles. Wissenswert war somit aus Sicht des Experten eine begründete Ordnung der einzelnen Funktionsgebäude:

„Zu vorhabendem Gebäu und gantzen Bauplatz erwählen wir eine mittelmässige Proportion (nach welcher man mit vergrössern oder verkleinern/ ja nach dem es eines jeden Bauherrn Vermögen und Gelegenheit erfordert/ oder der Situs mit sich bringet/) ab- und darzu thun kann. Es ist aber hierbey zu wissen/ daß man schwerlich ein dergleichen Gebäu und dessen Zugehör wird solcher Gestalten vorstellen und beschreiben können/ daß es einem jeden gefallen wird/ oder nach seinem Kopff und Hirn gerichtet seyn/ weiln es nach dem gemeinen Sprichwort heisset/ viel Köpf/ viel Sinn/ bevorab wann Meister Klügling dahinter kommet/ welcher wol […] keinen Schweinsstall sehen bauen/ viel weniger selber gebauet/ sich aber wohl unterstehen darff Fürstliche und grosse Häuser zu reformieren; dessen aber ungeachtet/ weiln die Regeln der Baukunbst fest und unumbstoßlich gegründet/ lassen wir uns der Esel-Geschrey nicht anfachten/ befehlen unterdessen aber solches einem guten starcken Stallknecht/ welcher schon wissen wird/ wie er dergleichen Esel mit darzu gehörigen Instrumenten auffwarten und von diesen Platz des Meyerhoffs bringen soll.“135

Ordnendes Prinzip bildete die funktionale Trennung der einzelnen Arbeits- und Lebensbereiche des Meyerhofes, ja nicht solle „[…] der Bauherr […] durch ein und andere vermeynte Baumeister dahin sich bereden […] bereden lassen/ daß er das ganze Gebäu […] unter einem Dache bringe […]“,136 eine nicht weiter, dennoch gegen Furttenbachs Entwurf zielende Planungswegweisung Böcklers.

Abb. 5.4: Genordeter Grundriss eines adligen Meyerhofes und der ihn umgebenden Gärten. Ohne Vermassung der Gebäude und ihrer Abstände (Böckler 1678, zwischen S. 30 und S. 31).

Abb. 5.4: Genordeter Grundriss eines adligen Meyerhofes und der ihn umgebenden Gärten. Ohne Vermassung der Gebäude und ihrer Abstände (Böckler 1678, zwischen S. 30 und S. 31).

Da jene Ordnung nur schwer aus dem allgemeinen Grundrissplan ableitbar schien, gab Böckler seiner Abhandlung noch ein Detailplan der Funktionsgebäude des Meyerhofes bei. Dessen anscheinend exakte Vermassung bildete allerdings nur die bauliche Ordnung idealiter ab, sollte nicht als verbindliche Richtschnur angesehen werden, denn nicht in jedem Falle, so Böckler, reiche der Bauplatz aus, um selbiges zu verwirklichen. Die Maßangaben stehen dementsprechend nur als Relationen der Raumaufteilung und der Gebäudeordnung.137

Abb. 5.5: Vermaßter und genordeter Detailplan der Funktionsgebäude eines adligen Meyerhofes (Böckler 1678, zwischen S. 32 und S. 33).

Abb. 5.5: Vermaßter und genordeter Detailplan der Funktionsgebäude eines adligen Meyerhofes (Böckler 1678, zwischen S. 32 und S. 33).

Wie wichtig Böckler eine, die einzelnen Funktionen des Meyerhofes baulich von einander getrennte Bauplanung war, verdeutlicht nicht nur dieser Detailplan. In seinem Versuch, dem Bauherrn an seinem Expertenwissen teilhaben zu lassen, gab er nicht nur weitere Grundrisse und Ansichten des Wohnhauses und der übrigen Gebäude bei, sondern legte auch technische Aspekte der Vermessung des Areals und der Gebäudeplatzierungen dar. Insbesondere der exakten Aufschnürung des Wohngebäude-Bauplatzes maß Böckler hohe Bedeutung zu, wie seine anschaulichen und ausführlichen schriftlichen Darlegungen zeigen,138 die er zudem mit einer visuellen Wissensrepräsentation versah.

Abb. 5.6: Darstellung eines aufgeschnürten Bauplatzes des Wohnhauses (Böckler 1678, zwischen S. 32 und S. 33).

Abb. 5.6: Darstellung eines aufgeschnürten Bauplatzes des Wohnhauses (Böckler 1678, zwischen S. 32 und S. 33).

Zwar mochte Böckler den Bauherrn wissen lassen, dass die von ihm konzipierten Maße des Wohnhauses aufgrund mangelnden Bauplatzes nicht immer realisiert werden könnten. Doch tat sich eine weitere Grenze seiner Bauwissensdistribution auf, denn zum einen vermeinte er, dass eine Änderung der Maße „dem ganzen Bau […] die commodität und Bequemlichkeit“ nähme.139 Zum anderen basierten seine angegebenen Abmessungen auch den Wissenstransfer hinsichtlich der Grundrissgestaltung der einzelnen Geschosse und der Fassadengestaltung, ließen sich mithin nur schwer auf andere Grundmaße übertragen.

Dessen ungeachtet zeichnet sich die besondere Qualität der vom Experten niedergelegten Bauwissensbestände dadurch aus, dass er den Bauherrn bautechnische Informationen der Planung an die Hand gab, die insbesondere die Fundamentierung betrafen. Diese blieben, natural unterschiedlichen Bodenbedingungen geschuldet, allgemeiner Natur, beschränkten sich auf „ins gemein in acht zu nehmen […] Erinnerungen“.140 Zu erinnern galt zuvorderst, für ein hinreichend festen Baugrund Sorge zu tragen. Sollte nach Schachtung von maximal 15 Schuh (entspricht ca. 3,6–6,4 m) noch kein entsprechender solider Boden angetroffen werden, so sei ein aus Eichenholz bestehender Pfahlbau zu errichten, wobei Böckler auf die Einhaltung der exakten Abstände zwischen den Pfählen (1–2 Schuh) und deren Schutz durch eine Kalk-Sand Schicht aufmerksam machte.141 Mochte auch regional die metrische Größe des Schuhes variieren, was einer Formalisierung der an den Hausvater adressierten Wissensbestände entgegenstand, so erlaubten solche Maßangaben ein relationales und proportionales Verständnis des Baues.

Abb. 5.7: Schnitt durch ein Fundament (Böckler 1678, zwischen S. 32 und S. 33).

Abb. 5.7: Schnitt durch ein Fundament (Böckler 1678, zwischen S. 32 und S. 33).

Ordnete der Bauprozess die Struktur des Wissenstransfers, so war folgerichtig, das Planungswissen für die einzelnen Geschosse erst nach der „Anordnungen des Kellers“ und „Aufführung des Bawes“ niederzulegen. Wies Böckler zwar darauf hin, dass die Größe der Kellers abhängig von den zu lagernden Vorräten, mithin auch der Personenzahl des „ganzen Hauses“, sei, explizierte er dennoch beispielhaft Maßangaben, die sich aus den von ihm präsentierten Grundriss des Wohnhauses ergaben. Unproblematisch erwies sich hingegen der Transfer von Wissen, der auf technische Aspekte des Kellerbaues zielte, detaillierter die Anlage des Kellerbodens und den Schutz der Wände gegen Nässe beschrieb.142 Allgemeiner blieben Böcklers Ausführungen zur Bauausführung, die um die Vor- und Nachteile des Steinbaues im Vergleich mit dem Fachwerkbau kreisten.143 Einzig einige konkrete Informationen zum Fußboden gab der Autor. Dass hinsichtlich der Bauausführung die Darlegungen des zu Wissenden vergleichweise dürftig blieben, scheint ursächlich auf das Fehlen einer einheitlichen technischen Fachsprache des Bauhandwerks rückführbar. Gerade mit dem Anspruch, allgemeine, überregional verständliche Bauwissensbestände zu transferieren, ließ sich an dieser Stelle eben nicht auf das regionale, technische Vokabular zurückgreifen, das Böckler bekannt gewesen sein dürfte. Hier stieß der Anspruch eines überregionalen Wissenstransfers an seine zeitgenössischen semantischen Grenzen.

Weit weniger problematisch, da Böckler hier die Strategie visueller Wissensrepräsentation nutzen konnte, erwies sich hingegen, den Bauherrn allgemeine und nachvollziehbare Leitsätze zu Grundrissaufteilung der einzelnen Geschosse an die Hand zu geben. Besonderes Augenmerk lenkte der Experte dabei auf die Öfen, ein Augenmerk, das sich auch bildlich prominent widerspiegelte.

Abb. 5.8: Ansicht der von Böckler propagierten Fassade des adligen Meyerhofes. Die rauchenden Schornsteine versinnbildlichen die Bedeutung der guten, funktionierenden Öfen (Böckler 1678, zwischen S. 40 und S. 41).

Abb. 5.8: Ansicht der von Böckler propagierten Fassade des adligen Meyerhofes. Die rauchenden Schornsteine versinnbildlichen die Bedeutung der guten, funktionierenden Öfen (Böckler 1678, zwischen S. 40 und S. 41).

Es wundert nicht, dass Böckler seinen textlichen Ausführungen über den Ofenbau dementsprechend noch vier Bilder beigab.144 Eine solch prominente Bedeutungszuweisung des Wissens über die Hausfeuerung begründete der Experte vor der Hand damit, dass „bey unsern Teutschen Oefen ins gemein/ wiederumb zu den Ofenloch hinaus/ und also umbsonst und verlohren gehet“.145 Ursächlich gingen die von Böckler gegebenen Merkposten zur Optimierung des Wärmehaushaltes der häuslichen Feuerung zurück auf die strategische Bedeutung der Ressource Holz in der Frühen Neuzeit, seiner essentiellen Relevanz als universeller Bau- und Brennstoff.146 Jene hatte sich zum einen darin niedergeschlagen, dass in Deutschland der frühneuzeitliche Fürstenstaat versuchte, althergebrachte Rechte der Waldnutzung einzuschränken. Zum anderen verband sich mit diesem Prozess eine fortschreitende monetäre Bewertung des Holzes, die selbst von Autoren der Hausväterliteratur nicht ignoriert wurde.147 Optimierung des häuslichen Wärmehaushaltes hieß auch, mittel- bis langfristige Kostenersparnis bzw. eröffnete Vermarktungsmöglichkeiten des eigenen Waldes.

Für die Planungen des Erdgeschosses und der Stockwerkes fügte Böckler wiederum zwei einzelne, vermaßte Grundrisspläne bei, die die Größe der Zimmer und deren funktionalen Zusammenhänge wiedergaben. Seine Erläuterungen enthielten keine bautechnischen Sachverhalte i. e. S., doch zeichnete sich Böcklers Wissenstransfer dadurch aus, dass er dem Bauherrn für Detaillösungen zu beachtende Leitsätze an die Hand geben wollte. Im Erdgeschoß betraf dies zum einen die Bauplanung und -ausführung des „Secret oder heimliche Gemach“,148 der Toilette, und das Speisezimmer. Bei der Errichtung der Toilette, die als Anbau der sich im Erdgeschoß und erstem Stock befindlichen Schlafzimmer entworfen war, sei darauf zu achten, dass eine genügend große Grube für die Aufnahme der Exkremente vorhanden und der Anbau nicht den Kellermauer beeinträchtige. Wohingegen sein Ratschlag hinsichtlich des Speisezimmers dahin ging, in seiner Mitte eine steinerne Platte einzeln einzulassen, die mit einem Eisenring versehen beweglich gelagert war und so bei einem Feuer als Notausgang in der Keller diente. In beiden Fällen legte der Experte knapp auch wichtige Maßangaben dieser Baumaßnahmen dar.149

Hinsichtlich des Obergeschosses dominierte ein zentraler Leitsatz – kein auskragendes Stockwerk zu bauen. Ausdrücklich warnte Böckler:

„[…] auch solle dieser zweyte Stock auff keine Seiten gegen dem Hoffe über vorigen untern Stock außgesetzet oder übergehänget werden/ und wird der Haußvatter oder Bauherr hiermit absonderlich gewarnet/ daß er in diesem Fall sich keins wegen durch dergleichen Zimmerleuthe/ so dieses Irrtthumbs gewohnet/ und dardruch viel Leuthe in Schaden gesetzt und die Gebäu verderbet/ bereden lassen; dann dergleichen Gebäuen übel zuhelffen/ wann die übergeschossene Köpffe des Gebälcks abfaulen/ so müssen nothwendig die darauff gesetzte äusserste Wände sincken und fallen; lassen sich zwar im Anfang des Schadens mit Anckern etwas einziehen/ hat aber keinen bestand/ und muß man gantz von unten deß Grundbodens auff auß dem Fundament hinauff fahren und dieselbige unterbauen.“150

Deutlich schwingt an dieser Stelle der Grundtenor der Wissensvermittlung mit – auch der Experte beabsichtigte nicht, zentrale (konstruktive) Bauwissensbestände zu transferieren, sondern den Bauherrn vor vermeintlichen Schäden der Bauausführungen zu bewahren. Ausgestattet mit solchen, warnenden Leitsätzen, vermeinte auch Böckler hinreichende Argumente gegen handwerkliche Lösungsvorschläge zu geben. Dieses Grundmuster prägte auch die Leitsätze, die Böckler bezüglich der landwirtschaftlichen Nebengebäude formulierte.151 Konkreter handlungsbezogen erwiesen sich die vom Experten in einem eigenen Abschnitt, der Classis V, niedergelegten Wissensbestände über den Brunnenbau. Mochte der Autor mit einer Klassifizierung der Brunnen beginnen (Springbrunnen, Ziehbrunnen, Zisternen), so fokussierte er anschließend auf die „Leitung(en) und Grabung der Bronnen/ so bey diesem Meyerhoff nöthig sein möchten“.152 Am Anfang stand dabei die Suche nach Grundwasser, die nicht auf dem Einsatz der des Öfteren im Genre gepriesenen Wünschelrute beruhte. Vielmehr legte Böckler dem Leser nahe, auf Naturbeobachtungen und aus ihnen abgeleiteten Probebohrungen zu vertrauen. Letztere trugen insofern experimentellen Charakter, als der Autor dezidierte Anweisungen gab, wie die Wasserqualität auf ihre Trinkbarkeit hin zu prüfen sei.153 Fand sich auf dem Bauplatz selbst kein trinkbares Grundwasser, musste solches aus der Nähe heran geleitet werden.154 Auf den Bau eines dementsprechenden Brunnenhauses, der Materialität der Rohrleitungen und der Bestimmung des Gefälles konzentrierte Böckler in dieser Hinsicht seinen Wissenstransfer. Blieben seine Ausführungen zum Bau des Brunnenhauses lapidar, so legte er den Bau der Rohrleitung präzise dar. Nicht nur das zu verwendete Holz, Tannen, sondern auch deren technische Verbindung wurden vom Autor knapp dargelegt. Es mangelte nicht daran, dem Hausvater von der Verwendung von Bleirohren abzuraten, da sie „insonderheit […] zu dem Trinckwasser gehöret; […] schädlich“ sein.155 Und auch das technische Verfahren zur Bestimmung des Gefälles mittels Richtscheit und Waage erwähnte der Autor kurz. Dass diese Ausführungen konkreter waren, mag daran gelegen haben, dass solche Arbeiten auch das Gesinde des Hausvaters verrichten konnte, der Autor handwerkliche oder architekturale Expertise als nicht zwingend voraussetzte. Mangelt es diesen schriftlichen Hinweisen zudem an einer unterstützenden Bildhaftigkeit, darf gar vermutet werden, dass Böckler an dieser konkreten Stelle allgemein verbreitete Bauwissensbestände ansprach.

5.5 Schluss

Ich hoffe, im Vorangegangenen zunächst gezeigt zu haben, dass ein genauerer Blick auf die Textsorte der Hausväterliteratur insbesondere aus wissensgeschichtlicher Perspektive lohnend scheint. In dieser Sicht wird deutlich, dass der Anspruch der Autoren sich eben nicht, wie die klassische Sozialgeschichte lange Zeit betonte, ausschließlich auf normative Leitsätze beschränkte. Allein schon quantitativ nahm der Transfer praxisrelevanten Wissens einen hervorgehobenen Stellenwert in den Traktaten ein. Bezüglich der von den Autoren niedergelegten Bauwissensbestände lässt sich, trotz individuell unterschiedlicher inhaltlicher Schwerpunktsetzung und Expertise, festhalten, dass der Wissenstransfer vornehmlich Organisation und Planung betraf. Im Kern zielten die Autoren darauf, den adligen Bauherrn solche Wissensbestände nahezubringen, die ihm erlaubten, alle im Vorfeld des eigentlichen Bauprozesses zu erledigenden Tätigkeiten auszuführen, was vor allem die Materialbeschaffung betraf.

Wenn auch seitens der Autoren immer wieder eine Negativbewertung der Bauhandwerker aufschien, schienen sich Baulaien und -experte einig darin, dass gerade Konstruktionswissen untrennbar mit erworbenen handwerklichen Fähigkeiten und Erfahrungen verwoben blieb. Transferierten die Autoren hier vor allem allgemeine Leitsätze; sollten diese den Bauherrn in die Lage versetzen, den Bauprozess zu kontrollieren. Allerdings gilt zu beachten, dass dieses Kontrollwissen sich in engen Grenzen bewegte; wie vor allem Böcklers Traktat verdeutlichte, gelang es doch den Autoren nicht, ihren Anspruch auf überregional gültige Leitsätze mit den regionalen Eigenheiten des Handwerks und seiner Terminologie in Einklang zu bringen. Doch scheinen es nicht nur regionale terminologische Spezifika zu sein, die gewissermaßen einen Abbruch der Bauwissensvermittlung evozierten. Vielmehr lassen insbesondere die Darlegungen des architektonischen Experten erkennen, dass es in der Frühen Neuzeit keine festgelegten, einheitlichen Regeln des Bauens gab, ebenso wenig einen architektonisch verpflichtenden Formenkanon. Hinzu trat, dass sich jene negative Betrachtung des Handwerks, wie sie im Genre typisch ist, im Falle von Böckler mit einer professionellen Tendenz der Abgrenzung gegenüber dem Handwerk verband – tradierte Handwerkspraktiken und architektonische Expertise standen sich anscheinend unvermittelbar gegenüber. Im konkreten Falle Böcklers zeichnet sich in dieser Hinsicht eine bis Frontinus zurückreichende Traditionslinie ab, die den Handwerkern technische Kompetenzen absprach. So gesehen spiegeln Texte, die sich der Bauwissensvermittlung verpflichteten, keine praktischen, handwerklichen Regel. Sie legen darüber hinaus allerdings auch nahe, zu hinterfragen, ob es überhaupt ungeschriebene, unverrückbare Regeln des Bauhandwerkes gab – wie im Vorangegangenem am Beispiel des Holzschlages skizziert. Einiges scheint dafür zu sprechen, dass die handwerkliche Regelgebundenheit des Bauens in der Vormoderne geprägt wurde durch die lokal und regional anstehenden Baustoffe. Jene Verzahnung von Naturstoffen und handwerklichen Bauregeln mag schlussendlich ein Grund dafür sein, dass die Autoren lapidare Leitsätze formulierten, die dem angesprochenen Lesepublikum aber verständlich waren.

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Fußnoten

Erste, fragmentarische Überlegungen zu jenen Bauwissensbeständen bei Schütte (1997, 125–145), der diese Traktate jedoch vor allem aus architektur- und sozialhistorischer Sicht befragte.

Vgl. hierzu einzelne Beiträge in Andermann and Lorenz 2005.

Im Folgenden zitiert nach dem unveränderten Wiederabdruck: Brunner 1968, 103–127.

Vgl. z. B. van Dülmen 1990, 12; van Dülmen 1992, 95ff. mit Bezug auf das städtische Handwerk; Schultz 1997, 105ff. wiederum mit Bezug auf das städtische Handwerk.

Vgl. z. B. Sombart 1902, 53ff.; Weber 1924, 6.

Vgl. Opitz 1994. Gegenüber Opitz, die letztendlich die These vertritt, Brunners Konzept sei obsolet, argumentieren Derks und Weiß differenzierter. Vgl. Derks 1996; Weiß 2001. Brunner zählte seit 1940 zum harten Kern der „Deutschen Ostforschung“; vgl. Burleigh 1988, 300–321.

Vgl. zusammenfassend für die ländliche Wirtschaft der Frühen Neuzeit Troßbach 1993.

Da, wie bereits oben erwähnt, seitens deutscher Historiker zudem das ‚ganze Haus‘ als erkenntnisleitendes Konstrukt auch für das Handwerk Anwendung fand, sei darauf verwiesen, dass einschlägige Forschungen auch in diesem Zusammenhang zeigten, dass das Konzept wenig mit der historischen ‚Wirklichkeit‘ gemein hat. Vgl. v. a. Reith 1999.

Vgl. Art. „Haus“ in Krünitz 1789; Art. „Haus-Wirth“ in Zedler 1735.

Rohr 1751. In einem weiteren Sinne, jene Schriften einschließend, die sich auch in eher staatlichen Kontexten mit ökonomischen Fragen beschäftigen bzw. in der Tradition der Policeyliteratur standen, beziffert sich die Anzahl der Traktate auf über 400. Vgl. Teuteberg 1989, 252.

Hier ist auch auf das zur Mitte des 15. Jahrhunderts verfasste Della Famiglia von Leon Battista Alberti zu verweisen.

Teuteberg (1989, 249) hat zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass Brunner die Bedeutung der Bibel und der Kirchenväter für die Lehre vom „ganzen Haus“ übersah.

Wobei, dies gilt primär für Florins Oeconomus prudens et legalis, diese Traktate auch an die Reichsfürsten, also den Hochadel, adressieren konnten. Vgl. Frühsorge 1982; Bauer 1997, 139–144, der gar in Hinsicht auf die Adressaten eine Einzigartigkeit als gegeben ansieht.

Vgl. Abel 1980.

Zur Kategorie frühneuzeitlicher Fürstenstaat vgl. Dreitzel 1992. Zu den strukturellen Prozessen vgl. z. B. Hinrichs 2000.

So vertritt Schlegel-Matthies (1994, 118) die These, dass bereits mit Coler diesem Umstand stärker Rechnung getragen wurde, und zwar im Vergleich zu den mittelalterlichen Agrarratgebern.

Sehr prominent bei Fischer 1696, 2; zuerst Fischer 1679.

Vgl. Meyer 2009. Als Ausnahme ist hier die hausväterliche Forstwirtschaft anzusehen; vgl. z. B., diese Tradition begründend, Coler 1593, 201–219.

Vgl. hierzu genauer Meyer 2003b.

Vgl. hierzu Sieglerschmidt 1999.

Johannes Coler hatte in diesem Kontext beispielsweise ganz pragmatisch formuliert: „Es thut einem wol/ wann man auß solchen Sachen [Überschüsse, TM] gut Geld löset. Ich hab gesehen/ daß vorsichtige Bauern auf diese Weise reicht Leut worden sind […].“ (Coler 1665, 95)

Vgl. Leisewitz 1880, 653–655. Umfassend zur Biographie vgl. Brunner 1949.

Vgl. die älteren Meinungen bei Sperl 1904; Leisewitz 1878.

Vgl. hierzu grundlegend Haushofer 1982.

Obgleich Haushofer (1982) noch den Pfalzgrafen als eigentlichen Initiator nennt.

Mit dieser Akzentsetzung ist der Oeconomus Prudens et Legalis einzigartig, da das Genre derartige Fragen ansonsten nicht thematisierte. Vgl. Bauer 1997, 139–144.

Das Folgende, sofern nicht anders vermerkt, nach Haushofer 1982.

So verweist Dipper darauf, dass erst seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, zu einem Zeitpunkt also, als die Hausväterliteratur bereits ihren Zenit überschritten hatte, eine signifikante Änderung des Adressatenkreises – vom Adeligen zum Bauern – feststellbar sei. Vgl. Dipper 1991, 136ff..

So der Hinweis von Hiller (1966, 89) für eine Lutherbibel aus dem Jahr 1522.

Prominent auch vom Übersetzer des Buches betont, der die Verbreitung solcher Schriften eben durch die kostspielige Aufmachung gefährdet sah. Vgl. o. V. Nilsen 1696, ohne Seitenzählung.

Dies nicht nur aus ökonomischen Gründen, sondern auch verstärkt aus moralischen. Angesichts der Kriegsschrecken suchten Autoren nun verstärkt danach, der These, christlicher Glaube sei nur noch etwas für Klöster, entgegenzuwirken und eine Re-Christianisierung einzuläuten. Am eindringlichsten ist dieser Anspruch in der Vorrede von Ambrosius Kolb, dem deutschen Herausgeber der zunächst in französisch abgefassten Oeconomia Christiana, formuliert worden. (Kolb and Battista 1641, Vorrede, ohne Seitenzählung).

Vgl. Günther 2009, 222. Siehe den Beitrag von Hermann Schlimme im vorliegenden Band.

Vgl. Günther 2009, 222; vgl. auch, mit Blick auf die ingenieurtechnischen Maschinenbücher des 16./17. Jahrhunderts Popplow 1998, 65ff..

Als Überblick vgl. Conrads 1982.

Mit dem Begriff Architekturtraktate werden im Folgenden auch solche Abhandlungen gefasst, die im deutschsprachigen Raum seit dem frühen 18. Jahrhundert als Abhandlungen zur „Civilbaukunst“ auftraten. Zur thematischen Breite frühneuzeitlicher Architekturtraktate vgl. überblicksartig für Deutschland Schütte 1981; für Europa Engelberg 2004.

Sind rein architekturhistorische Aspekte zur Bedeutung gerade auch italienischer Architekturtrakte sehr gut erforscht, so steht die Thematisierung bautechnischer Fragen eher am Anfang. Vgl. hierzu v. a. Valeriani 2006; Valeriani 2008.

Für den deutschen Kontext v. a. zu nennen (Goldmann and Sturm 1698); vgl. hierzu auch: Biesler 2009, 360ff..

Vgl. hierzu Abschnitt 5.4.

Zur Biographie Bechers vgl. Dünnhaupt 1990.

Der hier genutzte Begriff des „Schädlings“ ist eine terminologische Vereinfachung, „Schädlinge“ in ihrer modernen Konstruktion waren der Vormoderne fremd. Vgl. Jansen 2003, 11ff.. Zu der in der Vormoderne als „Ungeziefer“ und „culthurschädliche Thiere“ charakterisierten Fauna vgl. Herrmann 2003; Herrmann 2006; Herrmann 2008; Meyer 1999, 122ff.; Meyer 2003a; Meyer 2010.

Solche monatlichen Fixierungen folgten der Struktur mittelalterlicher Ratgeber.

Ansätze hierzu bei Helmhard von Hohberg 1682, Bd. 2/2, S, 565ff.; Florin 1705, Bd. 2, S. 782ff..

Vgl. hierzu den Beitrag von Antonio Becchi in diesem Band.

Vgl. z. B. Fischer 1696, 225.

Vgl. konzeptionell grundlegend immer noch Bayerl 1978.

„Die Zimmerleute und die Maurer/ Das syen rechte Lauter Eh sie essen/ messen/ stehen und sich besinnen So ist der Tag von hynnen.“ (Coler 1665, 321)

Palladio 1570. Böckler 1698, im Folgenden, wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt, zitiert nach Böckler 1991. Zu Palladio und dessen Wirkung vgl. Oechslin 2008; zuerst Oechslin 2006. Zur deutschen Ausgabe von Georg Andreas Böckler vgl. umfassender Vollmar 1983.

Die folgenden biographischen Angaben, sofern nicht anders vermerkt, nach Vollmar 1983, 5ff.; Vollmar 1991; Wagner-Rieger 1968.

Vgl. Bayer 1982.

Hierauf deutet die Vorrede Böcklers zum 2. Buch hin, die mit Ansbach 1684 datiert. Vgl. Böckler 1698, 67.

Vgl. konzeptionell grundlegend immer noch Bayerl 1978.

Vgl. hierzu grundlegend Popplow 1998; knapp zusammenfassend auch Popplow 2006, bes. S. 95ff.

Neben dem erwähnten Palladianischen-Traktat zählen hierzu Böckler 1648; Böckler 1663; Böckler 1664.

Zu diesem Genre vgl. zusammenfassend Meyer 2004, 150ff..

Vgl. hierzu zusammenfassend Hänseroth 2006.

Alle Zitate, siehe Böckler 1678, Zuschrift, s. p..

Als Überblick vgl. immer noch Radkau and Schäfer 2007; siehe auch Radkau 2007.

Vgl. Abschnitt 5.2.