Abb. 2.1: Auf der Jahresversammlung der MPG am 23. Juni 1972 in Bremen: Adolf
2.1 Reminiszenzen eines ehemaligen Präsidenten
Am 11. Januar 2011 haben wir das hundertjährige Jubiläum der Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Gesellschaft gefeiert. Seit vierundsechzig Jahren bin ich in der Max-Planck-Gesellschaft aktiv: erst als Doktorand, dann als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und als Wissenschaftliches Mitglied, später als Institutsdirektor, schließlich als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft und inzwischen als Emeritus. Während dieser Periode, die zwei Drittel des Bestehens der Gesellschaft abdeckt, konnte ich die Entwicklung neuer Strukturen nicht nur beobachten, sondern auch persönlich miterleben.
Die Strukturen innerhalb der Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Gesellschaft haben sich während dieser hundert Jahre weiterentwickelt, aber das grundlegende Fundament blieb unverändert, nämlich dass die wissenschaftliche Arbeit in unabhängigen Instituten durchgeführt wird. In den Statuten der Max-Planck-Gesellschaft ist dieses im ersten Paragraphen verankert:
Die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften verfolgt den Zweck, die Wissenschaften zu fördern, insbesondere durch Unterhaltung von Forschungsinstituten. Sie setzt die Tradition der früheren Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. fort. Die Institute der Gesellschaft betreiben die wissenschaftliche Forschung frei und unabhängig.
In meinem Vortrag werde ich versuchen, die Entwicklung der Strukturen während der Periode zu beschreiben, die ich beobachten konnte. Für mich war und ist der Erfolg der Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Gesellschaft auf das durch
2.2 Der Start am Max-Planck-Institut für Physik
Als ich im März 1949 zum ersten Mal das Max-Planck-Institut für Physik in Göttingen betrat, konnte ich natürlich nicht ahnen, dass mein Lebensweg von nun an durch die Max-Planck-Gesellschaft bestimmt werden sollte.
Doch während dieser Zeitspanne von insgesamt zweiundsechzig Jahren war ich nicht ständig in der Max-Planck-Gesellschaft tätig. Insgesamt sechs Jahre verbrachte ich mit Unterbrechungen an amerikanischen Hochschulen in Chicago, Princeton und New York, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und am California Institute of Technology (Caltech). Zwei Mal war es die Anziehungskraft der Max-Planck-Gesellschaft, die mich nach Deutschland zurückholte. Nach Ende meiner Amtsperiode als Präsident ging ich dann für sechs Jahre nach Paris als Generaldirektor der European Space Agency (ESA), bevor ich 1991 als Emeritus nach Hamburg an das Max-Planck-Institut für Meteorologie zurückkehrte, wo ich die Möglichkeit habe, meine Arbeit für die Max-Planck-Gesellschaft fortzusetzen.
Aber lassen Sie mich zunächst schildern, wie ich zur Max-Planck-Gesellschaft kam. Es war im Frühjahr 1949. Ich hatte gerade an der Universität Frankfurt meine Diplomprüfung mit einer Arbeit in Theoretischer Physik nach fünf Semestern abgelegt. Begonnen hatte ich mein Studium in einem Kriegsgefangenenlager in Texas in den Jahren von 1943 bis 1946. Das Studium in der Gefangenschaft wurde mir an der Universität Frankfurt angerechnet. Dort hatte ich herkömmliche Physik studiert und nun wollte ich mehr über moderne Atom- und Kernphysik lernen. Dafür gab es damals in Deutschland kaum einen besseren Platz als das Max-Planck-Institut für Physik in Göttingen unter der Leitung von Werner
Der kleine Seminarraum, in dem höchstens 25 Zuhörer Platz fanden, lag unmittelbar neben dem Arbeitszimmer von Werner
Nach dem Seminarvortrag nahm mich
Nach meiner Promotion arbeitete ich als Stipendiat. Planstellen gab es nur wenige. Aber nichtsdestotrotz fühlte ich mich, wie alle anderen Wissenschaftlichen Mitarbeiter, für das Institut mitverantwortlich. Jeder konnte neue wissenschaftlichen Ideen einbringen. Für einen Theoretiker war der Freiraum groß genug, diese gegebenenfalls auch umzusetzen.
War eine Arbeit für die Publikation fertig, so wurde man in
Vom Aufbau der Max-Planck-Gesellschaft und ihren Prinzipien wusste ich damals natürlich noch nichts. Das Institut stand, wie ich schon erwähnte, unter der Leitung von Werner
1959 war ich für ein Jahr Gastprofessor am Courant Institute of Mathematical Sciences (CIMS) in New York. Nach meiner Rückkehr an das Max-Planck-Institut für Physik, das inzwischen in München angesiedelt war, wurde ich zum Wissenschaftlichen Mitglied des Instituts berufen. Die Berufungsurkunde hatte Otto
2.3 Das Harnack-Prinzip
Zu dieser Zeit existierten ungefähr fünfzig verschiedene Institute. Jedes Institut wurde von einem Direktor geleitet. Wie ich schon erwähnte, zog mein altes Institut von Göttingen nach München um und bekam den neuen Namen Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik.
Das Leitprinzip für ein Institut war das sogenannte Harnack-Prinzip. Wer war Adolf von
1909 schließlich formulierte er in einer Denkschrift die Notwendigkeit, eine wissenschaftliche Gesellschaft ins Leben zu rufen, die nach Kaiser Wilhelm
An der offiziellen Gründung am 11. Januar 1911 waren so namhafte Persönlichkeiten wie Wilhelm von
In dem Memorandum an Kaiser
Der leitende Direktor muss stets ein Mann sein, der sich durch große Erfolge auf experimentell-wissenschaftlichem Gebiete als hervorragender Forscher bewährt hat! Außer ihm, der sich je nach Bedarf auf längere oder kürzere Zeit einen Assistenten erwählt, sollte womöglich kein Gelehrter auf Lebenszeit angestellt, aber möglichst viele Arbeitsplätze für junge Gelehrte eingerichtet werden. So bleiben die Institute stets imstande, auf alle neuen Fragen und Bedürfnisse der Wissenschaft einzugehen.2
Das war das richtungsweisende Prinzip für die Gründung eines Instituts und auch für die Berufung des Direktors eines Instituts. Viele Institute der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und später der Max-Planck-Gesellschaft wurden gemäß diesem Prinzip gegründet.
Die Gründung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik ist hierfür ein sehr gutes Beispiel. Im Jahr 1913 bemühten sich
Aber schon in den Anfangstagen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft wurde das Harnack-Prinzip nicht strikt verfolgt. So hatte das Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie (das zweite überhaupt gegründete Institut der Gesellschaft) einen Direktor, Ernst Otto
Zwei andere Institute wurden aus politischen Motiven geschaffen: das Institut für internationales und öffentliches Recht und das Institut für internationales Privatrecht. Beide Institute wurden zur Unterstützung der deutschen Regierung etabliert, um den schwierigen Konditionen des Versailler Abkommens gerecht zu werden.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Institute der nationalsozialistischen Ideologie und ihrem Führerprinzip entsprechend nur von einem Direktor geleitet. In diesem Zusammenhang will ich auch an den furchtbaren Verlust der besten Köpfe, darunter zahlreiche Nobelpreisträger, erinnern, die von den Nazis vertrieben wurden. Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft verlor während dieser Zeit einundzwanzig Wissenschaftliche Mitglieder. Das entspricht einem Drittel aller Wissenschaftlichen Mitglieder und zehn von fünfunddreißig Institutsdirektoren. Insgesamt wurden damals 104 Wissenschaftliche Mitarbeiter gezwungen, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zu verlassen.
Für das Fortwirken des Harnack-Prinzips in der Max-Planck-Gesellschaft ist die Gründung des Max-Planck-Instituts für die Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt für Carl-Friedrich von
2.4 Die kollegiale Leitung
Zu Beginn der 1960er Jahre, nachdem Adolf
Im Jahre 1964 wurde die Satzung der Max-Planck-Gesellschaft überarbeitet und ein neuer Paragraph eingefügt, der die Institution der kollegialen Leitung regelt. Zusätzlich wurden die Rechte und die Verantwortung der Wissenschaftlichen Mitglieder offiziell verankert. In der Überarbeitung der Satzung wurde festgelegt, dass der Präsident nur einmal wiedergewählt werden kann.
Hans
1970 genehmigte der Senat der MPG erstmals eine Satzung für das MPI für Immunbiologie, die eine kollegiale Leitung vorsah. Inzwischen werden alle Max-Planck-Institute von einem Kollegium geleitet. Das war der bedeutendste strukturelle Wechsel in der Max-Planck-Gesellschaft während der letzten hundert Jahre. Dieser sicherlich richtige Schritt hat jedoch auch kritische Konsequenzen: Ein Wechsel der Richtung eines Instituts oder auch die komplette Schließung eines Instituts ist nun schwieriger im Vergleich zu einem Institut, bei dem ein einzelner Direktor vor seiner Pensionierung steht. Um einen neuen Direktor zu berufen, muss das Kollegium der Berufung zustimmen und ihn nominieren. Dies sind nur ein paar Punkte die von Bedeutung sind, wenn ein Institut von einem Kollegium geleitet wird.
2.5 Die Mitwirkung der wissenschaftlichen Mitarbeiter
Im Zuge der 68er Studentenbewegung an den Universitäten formierten sich auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft zu einer Vereinigung mit Delegierten von jedem Institut. Die treibenden Kräfte dahinter waren die wissenschaftlichen Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg. Die Drittelparität sollte auf derselben Ebene wie an den Universitäten eingeführt werden. Dort legte die Drittelparität fest, dass bei jeder Entscheidung an den Universitäten die Professoren, die Assistenten und die anderen Mitarbeiter jeweils ein Drittel der Stimmen hatten. Ähnliche Regeln sollten in der Max-Planck-Gesellschaft eingeführt werden.
Nach dieser Sitzung nahm mich Werner
Mein Amt hatte ich noch nicht angetreten, als ich schon mit dem Problem der Forderung nach der Drittelparität konfrontiert wurde. Zwei Tage nach meiner Wahl gab ich ein Interview in der Süddeutschen Zeitung.3 Darin erklärte ich, dass ich die Drittelparität zwar nicht akzeptieren, es jedoch sehr unterstützen würde, wenn in jedem Institut die wissenschaftlichen Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung mitwirken könnten und ebenso sollten sie in den Gremien der ganzen Max-Planck-Gesellschaft vertreten sein. Im Besonderen schlug ich vor, dass jedes Institut einen wissenschaftlichen Mitarbeiter in die Wissenschaftliche Sektion wählen sollte. Darüberhinaus würde jede Sektion einen wissenschaftlichen Mitarbeiter als Mitglied in den Senat entsenden. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats sollte zugleich Mitglied des Senats werden. Dieser Vorschlag rief helle Empörung bei einigen Direktoren und Wissenschaftlichen Mitgliedern hervor. Die ganze biologisch-medizinische Sektion war gegen diesen Vorschlag.
In der Max-Planck-Gesellschaft, wo man sich bei dieser Frage ganz aufs Mauern eingestellt hatte, setzte diese unverblümte Offenheit eine Lawine von Protesten in Gang. Tübinger Institutsdirektoren schrieben empört an ihre Sektionskollegen in Berlin, „verantwortungslose Narren und ihnen normalerweise gegenüberstehende Feiglinge“ seien dabei, „aus purer Angst vor der Obrigkeit“ das Ende der Max-Planck-Gesellschaft einzuleiten. Nach dem Vorbild der protestierenden Studenten riefen sie zu einem Sit-In in der Münchener Generalverwaltung auf, dem dann tatsächlich elf Direktoren folgten.4
2.5.1 Die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter der Institute in Berlin und Starnberg forderten weiterhin die Drittelparität
In einer dramatischen Sondersitzung des Wissenschaftlichen Rates am 27. April 1972 im Frankfurter Palmengarten wurde mein Vorschlag akzeptiert. Diese Sitzung ist mir noch heute sehr gegenwärtig, nicht nur wegen der großen Emotionen, die sich während der Diskussionen entluden, sondern weil auch zur gleichen Zeit im Bonner Bundestag über das Misstrauensvotum gegen Willy
Auf der folgenden Jahresversammlung in Bremen wurde ich als Präsident eingeführt. Die neue Satzung mit dem Status der wissenschaftlichen Mitarbeiter wurde angenommen. Ein neuer Paragraph definierte die Pflichten eines Direktors bei der Mitwirkung der wissenschaftlichen Mitarbeiter. In dem neuen Paragraphen wurde auch festgelegt, dass ein Direktor nur für sieben Jahre berufen werden soll und dass jedes Institut einen wissenschaftlichen Beirat haben sollte.
2.6 Die Projektgruppen
Als ich das Amt des Präsidenten antrat, wurde ich mit einer sehr kritischen Finanzsituation konfrontiert. Während der Ära von
Aber trotz dieser Situation, in der es keinen finanziellen Spielraum gab, wollten wir einen Status Quo nicht akzeptieren. Neue und wichtige Forschungsfelder waren sichtbar, in denen sich die Max-Planck-Gesellschaft engagieren sollte. Aufgrund der schwierigen finanziellen Haushaltslage begannen wir nicht mit der Gründung eines neuen Instituts, sondern etablierten Projektgruppen für ein neues Forschungsfeld. Auf diesem Weg hatten wir die Möglichkeit, die wissenschaftliche Leistung einer Projektgruppe zu beobachten und die laufenden Kosten geringer als für ein neues Institut zu halten. Auf diese Weise starteten wir drei Projektgruppen, eine für Internationales Sozialrecht, eine für Psycholinguistik sowie eine dritte für Quantenoptik.
Aber ohne einen herausragenden Wissenschaftler, der dem Harnack-Prinzip entsprach, hätten wir diese Projektgruppen nicht ins Leben gerufen. Der Antrag für ein neues Institut für Sozialrecht wurde vom Präsidenten des Bundessozialgerichts ausgearbeitet. Er hatte gehofft, dass das Institut in Kassel angesiedelt werden würde, meiner Heimatstadt. Als Direktor war Hans
Ähnlich schwierig erwies sich die Gründung der Projektgruppe Psycholinguistik. Hier kam die Anregung zur Gründung dieses Instituts vor allem von Mitgliedern der Biologisch-Medizinischen Sektion. Schließlich wurde Willem
Bei der Gründung der dritten Projektgruppe für Quantenoptik verlief es wesentlich einfacher, da diese als eine bereits bestehende Gruppe am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München ausgegliedert wurde.
Weiterhin wurden drei klinische Forschungsgruppen gegründet, da die medizinische Forschung in Deutschland einer Verstärkung bedurfte. Die erste Forschungsgruppe für Reproduktionsmedizin wurde in Münster angesiedelt, die zweite für Blutgerinnung und Thrombose in Bad Nauheim und die dritte für Multiple Sklerose in Würzburg.
Allerdings konnte mit dem vorsichtigen Schritt der Gründung von Projektgruppen nicht genügend finanzieller Spielraum gewonnen werden. Es war notwendig, auf drastische Weise Institute zu schließen. Während meiner Amtszeit wurden 20 Institute, Abteilungen und Forschungseinrichtungen geschlossen, wobei 600 Personalstellen frei wurden, die den neuen Projektgruppen oder vorhandenen Instituten zugeordnet wurden.
Als Beispiel möchte ich zwei Institute erwähnen, die zu dieser Zeit geschlossen wurden. Das erste Institut, das gleich zu Beginn meiner Amtszeit geschlossen wurde, war das Institut für Agrartechnik in Bad Kreuznach. Drei sehr bekannte Mitglieder des Bundestags hatten dort ihren Wahlkreis. Elmar
Die andere Schließung, die ich erwähnen sollte, war wesentlich spektakulärer. Sie wurde in der Presse intensiv diskutiert, besonders in dem Magazin „Der Spiegel“. Dabei wurde ich auch persönlich attackiert. Es handelte sich um die Schließung des Max-Planck-Instituts für die Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt mit den Direktoren Carl-Friedrich von
2.7 Die Nachwuchsgruppen
Eine Erweiterung des Harnack-Prinzips bildete die Gründung von Nachwuchsgruppen, um junge Wissenschaftler in der Max-Planck-Gesellschaft besonders zu fördern. Für fünf Jahre wurde diesen die alleinige wissenschaftliche Verantwortung für eine eigene kleine Gruppe übertragen, vergleichbar mit der Stellung eines Institutsdirektors. Die Nachwuchsgruppen hatten ihren Ursprung im Miescher-Labor in Tübingen, wo drei oder vier Nachwuchsgruppen parallel in einem Gebäude untergebracht waren. Während meiner Amtszeit gehörte zu den jungen dort tätigen Wissenschaftlerinnen Christiane
In den kommenden Jahren wurden immer mehr Nachwuchsgruppen gegründet, meistens in direkter Verbindung mit einem Institut. Ursprünglich waren es Institute der biologisch-medizinischen Sektion. Später nutzten auch beide anderen Sektionen dies Instrument der Nachwuchsförderung. Inzwischen ist dies Konzept der Nachwuchsgruppen eine tragende Säule der Max-Planck-Gesellschaft.
Während meiner Amtszeit konnte ich noch zwei weitere Schritte für die Förderung junger Talente vorschlagen. Dies waren das
2.8 Fachbeirat und Senat
Ich begann meine Amtszeit in einer Zeit der Veränderungen. Die sozial-liberale Regierung unter Willy
Wie kann die notwendige Unabhängigkeit der Max-Planck-Gesellschaft gesichert bleiben und was bedeutet es, den Freiraum in der Forschung in jedem einzelnen Institut zu erhalten? Das Etablieren der Fachbeiräte sollte dabei helfen. Dem jeweiligen Fachbeirat eines Instituts gehören angesehene Wissenschaftler aus dem In- und Ausland an, die die Arbeit des Instituts alle zwei Jahre begutachten.
Der Fachbeirat kann als eine indirekte Konsequenz aus dem Harnack-Prinzip gesehen werden. Mit der Berufung nach dem Harnack-Prinzip wird dem Direktor die Finanzierung seiner Forschung zugesichert. Das Finanzmodell für die Wissenschaftlichen Mitglieder der Max-Planck-Gesellschaft wird oft als high-trust-principle bezeichnet – im Gegensatz zu dem low-trust-principle – bei dem die Finanzierung auf dem peer review, der Begutachtung der vorgelegten Projekte und Programme basiert. Dies ist in den letzten Jahren zunehmend das Prinzip im deutschen Wissenschaftssystem.
Allein schon die Vorbereitung des Instituts auf den Besuch des Fachbeirats wirkt sich positiv auf das Institut aus. Aber natürlich bedeutet der Besuch an sich mit den Diskussionen zwischen den Mitgliedern und dem Fachbeirat eine große Stimulans für ein Institut. Der abschließende Bericht des Fachbeirates ermöglicht nicht nur dem Institut, sondern auch den Präsidenten, eventuelle notwendige Korrekturen vorzunehmen. Nicht alle Institute waren von der Etablierung der Fachbeiräte begeistert. Die Max-Planck-Gesellschaft hat sich durch die Fachbeiräte darüber hinaus Respekt und Aufmerksamkeit, vor allem auch im Ausland erworben.
Nicht vergessen werden sollte eine entscheidende Institution der Max-Planck-Gesellschaft – der Senat.6 Seit 1911 sind im Senat unabhängige Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft vertreten. Zusammen mit dem Präsidenten und den drei Sektionen des Wissenschaftlichen Rates garantiert der Senat, dass die Denkschrift von Adolf von
Bibliographie
Gerwin, Robert (1996). Ein Stück Demokratisierung: Die Satzungsreform von 1972 und das Harnack-Prinzip. In: Die KWG/MPG und ihre Institute: Das Harnack-Prinzip Ed. by Bernhard vom Brocke, Hubert Laitko.
Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1900) Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Mehr Mitbestimmung für die Forscher: Weniger Geld für die Forschung (1972). Mehr Mitbestimmung für die Forscher: Weniger Geld für die Forschung. Süddeutsche Zeitung
Fußnoten
PAWB (1900); [http://d-nb.info/456913696]
Harnack, Gedanken über die Notwendigkeit einer neuen Organisation zur Förderung der Wissenschaften in Deutschland, MPG-Archiv 1. Abt., Rep. 1, Nr. 3–2/7.
Siehe dazu auch den Beitrag von Ariane Leendertz in diesem Band.
Siehe dazu auch den Beitrag von Renn, Kant und Kolboske in diesem Band.